MéXIcO
Festland 2
OKTOBER 2017
.... läuft !
Die Betreiber von Pepe's RV Park, Benjamin und Edith, holen uns, wie verabredet, am Flughafen in México City ab. Benjamin berichtet uns (auf spanisch!), dass in Tepotzotlan das Erdbeben deutlich zu spüren war, aber keine Schäden verursacht hat.
Die Fahrt durch México City ist an diesem Abend kein Spaß. Für die 30 km vom Flughafen zu unserem rollenden Zuhause brauchen wir, aufgrund des wahnsinnigen Verkehrs, fast drei Stunden. Unterwegs machen wir noch an einem großen Supermarkt halt. Genial! Kulinarische Anlaufschwierigkeiten sind schon mal ausgeschlossen.
Tatsächlich hat sich in Tepotzotlan nichts verändert. Alles ist hier noch wie vor unserer Abreise. Sogar die umherstreunenden Hunde erkennen wir wieder. Die Spannung steigt .... in welchem Zustand ist unser Fahrzeug?
„Schau’ wie er schön dasteht und gut sieht er aus! Unser Otto!“
Was für eine Freude auf beiden Seiten. Die Spannung steigt weiter. Wie ist der technische Zustand? Gleich beim ersten Versuch springt er an. Braves Pferd! Auch die Technik im Innenraum funktioniert. Die Solaranlage hat die Batterien aufgeladen und somit haben wir Strom satt. Die Lichter brennen und der Kühlschrank tuckert. Es umspült uns ein sehr angenehmes Gefühl. Es ist eine Mischung aus Stolz auf unser tolles Fahrzeug und Erleichterung, die richtige Entscheidung bezüglich des Abstellens getroffen zu haben. Es ist so, wie nach Hause zu kommen. Kein 5-Sterne-Hotel kann so ein Stück Heimat in einem fernen Land ersetzen.
Schnell füllt HJ noch Wasser auf. Ich verstaue die Einkäufe. Die großen Rucksäcke stellen wir ins Fahrerhaus, zum Auspacken haben wir an diesem Abend keine Lust mehr ... mañana, mañana ... verschieben wir's auf Morgen.
29. September bis 03. Oktober 2017
www.ontheroadin.com (pepes rv park tepotzotlan)
Wir rollen wieder!
Bereits nach den ersten Kilometern außerhalb der Mega-Metropole México Citys sehen wir, was die Regenzeit in diesem Land für deutliche Veränderungen mit sich bringt. Aus der staubigen Landschaft ist eine üppig grüne und blühende Landschaft geworden. Die Flüsse führen ordentlich Wasser. In den wenigen Wochen unserer Abwesenheit haben sich sogar Seen gebildet. Wir erkennen die Landschaft kaum wieder. Immernoch ist Regenzeit und seit unserer Ankunft gibt es täglich Gewitter mit starken Regenfällen.
Unser erstes Ziel ist ein grandioser Canyon, durch den sich ein von heißen Quellen gespeister, türkisblauer Fluss zieht (ziehen soll). Tolle Stellplätze in gigantischer Natur sowie herrliches Badevergnügen im temperierten Wasser, so lesen wir es in den Blogs von anderen Reisenden. Das würde uns jetzt richtig gut passen, als Kontrastprogramm zu New York.
Tatsächlich ist die Abfahrt in die schmale Schlucht spektakulär. Dicke Wolkenbänder wabern an den Steilwänden entlang. Wir sind beeindruckt.
Wellness-Urlaub im Thermalbad wird das hier für uns allerdings nicht. Aus dem türkisblauen Fluß ist ein reisender Strom geworden. Die Stellplätze in Wassernähe erscheinen uns zu unsicher. Keine Ahnung, was hier in den nächsten Stunden noch passiert, wenn vielleicht Hochwasser kommt. Zu nahe an die Felswände wollen wir uns aber auch nicht stellen, da es heftig regnet und wir immer wieder hören und sehen, wie kleinere Steinlawinen die Abhänge hinunter rutschen.
Hier sind wir definitiv zur falschen Zeit in einem ansonsten bestimmt herrlichen Gebiet. Die einheimischen Mexikaner, die sich über unser Erscheinen mitten in der Regenzeit sowieso gewundert hatten, winken uns hinterher. Ich kann sehen wie sie schmunzeln und ich weiß, was sie denken. „Gringos!?“ Na ja, irgendwie haben sie ja Recht.
04. bis 06. Oktober 2017
Die Ur-Vanille
Am nächsten Morgen ist der Dschungel noch da und auch die nasse Wiese schmatzt unter unseren Füßen. Von den Moskitos lässt sich komischerweise keine Einzige blicken. Vielleicht liegt es am Mückenspray mit dem wir uns einbalsamiert haben oder ... ? ... die Monster sind einfach noch satt von gestern.
Bis weit ins 19. Jahrhundert hatte México das Monopol auf den Vanilleanbau. Erst dann wurden die Pflanzen auch in andere Teile der Welt, wie zum Beispiel nach Tahiti und Madagaskar gebracht, wo sie prächtig gediehen.
Zum Bestäuben sind diese Pflanzen allerdings auf eine spezielle stachellose Bienenart angewiesen, die es nur hier in México gibt und auf der Farm von Lius besonders gehütet und gepflegt werden. Überall sonst auf der Welt müssen die Vanille-Pflanzen per Hand, also künstlich, befruchtet werden.
Stolz führt uns Luis in seine Plantage, die auf uns wie die Erweiterung des Dschungels wirkt, in dem wir uns seit gestern befinden. Hier wächst nichts in Reih und Glied wie wir es erwartet hatten. Statt dessen stehen wir in einem wilden Durcheinander aus unterschiedlichen tropischen Pflanzen. Dieser Umstand erklärt sich allerdings schnell.
Die Vanille ist eine Schlingpflanze und braucht zum emporwachsen Unterholz, das hier aus Mandarinenbäumen und Pfeffersträuchern besteht. Viele Meter lang sind die Triebe der Vanille, an denen die langen grünen Schoten in 10 Monaten heranreifen. Nur von Hand können sie geerntet werden. Mehrere Wochen trocknen sie anschließend in der Sonne, wo sie ihr unvergleichliches Aroma entwickeln.
Lange wandern wir durch den abschüssigen Hang. Luis bahnt uns mit seiner langen Machete einen kleinen Pfad. Was für eine interessante Exkursion. Solche Erfahrungen und Begegnungen machen diese Reise für uns so besonders.
In einem meiner Kochbücher habe ich irgendwann mal gelesen, dass México das Ursprungsland der Vanille ist. Im schwülheißen Klima von Veracruz wird sie angebaut.
Bereits die Azteken schätzten die „schwarze Blume“ und veredelten damit ihre Schokolade. Die mexikanische Gourmet-Vanille gilt bei Feinschmeckern und professionellen Anwendern auch heute noch als die feinste und ursprünglichste aller Vanille-Arten. Das interessiert uns. Ich stöbere etwas im Internet und finde die Adresse von Luis (José Luis Hernandez), der in Papantla eine solche Farm betreibt.
Die Straßen werden mit jedem Kilometer schlechter und die Blätter der sowieso schon üppig grünen Pflanzen werden immer größer. Willkommen im Dschungel.
Auf einem etwas steinigen, ausgewaschenen und engen Pfad verlassen wir den Ort. „Si, si ... derecho“, da lang, weisen uns die Einheimischen den Weg. Lianen versperren den Weg und es wirkt, als wäre hier schon ewig keiner mehr lang gefahren. Tatsächlich erreichen wir eine kleine Lichtung, an der ansatzweise der hellblaue Himmel durch das dicke Blätterdach schimmert. Etwas oberhalb steht eine kleine Hütte. Das muss es sein.
Glücklich über das Erreichen unseres Tageszieles klettern wir aus unserer klimatisierten Fahrerkabine. Wir werden bereits erwartet und das, wie sich sofort herausstellt, nicht nur von Luis. Unglaublich freundlich bietet er uns seine vollkommen durchgeweichte, nasse, grüne, frisch gemähte Wiese als Stellplatz an. "Ihr könnt euch da oder dort hinstellen", erklärt er. Während er voraus läuft, zeichnet die braune Brühe abstrakte Muster auf seine Waden.
Unsere Augen werden immer größer und die Füße immer nasser. Anfänglich versuchten wir noch, nur die Zehenspitzen einzutauchen, keine Chance. Jetzt stehen auch wir im Morast und tun so, als wäre es das Normalste auf der Welt. „Morgen zeig’ ich euch meine Farm und erklär’ euch alles zu unserer schwarzen Blume“, sagt er freudestrahlend auf spanisch zu uns und den geschätzt 10000 Moskitos um uns herum.
Dann verabschiedet er sich Gott sei dank und wir springen zurück in unseren Otto.
06. bis 08. Oktober 2017
Randnotizen
Was haben die Mexikanerinnen nur für tolles Haar. Schwarz und dick, meliert oder schon ergraut, immer glänzt es wie Seide. Geflochten, offen oder einfach zum Dutt gedreht. Egal wie hoch die Luftfeuchtigkeit ist, immer haben diese Frauen eine perfekte Frisur. Im Gegensatz zu mir.
Selbst mein Haargel kann bei diesen extrem feuchten Bedingungen nichts mehr retten. Es gibt nur eine Lösung. Für die Zeit, die wir im Dschungel verbringen, bin ich ...
„DIE mit dem größten HUT.
Wer hat's erfunden ?
Unweit von Papantla befindet sich die berühmte Ausgrabungsstätte El Tajin. Das beeindruckendste und schönste Bauwerk der Anlage ist die Nischen-Pyramide (Pirámide de los Nichos). Nur zufällig wurde diese etwa 200 v. Chr. von den Totonaken erbaute Stadt im Dschungel des Bundesstaates Veracruz wieder entdeckt.
Die 365 Nischen dieser präkolumbischen Pyramide sollen wahrscheinlich das Sonnenjahr symbolisieren. Es ist unglaublich, wie weit entwickelt diese Kultur bereits war.
Die Schweizer haben zwar ein bekanntes Bonbon erfunden. Auf die 365 Tage im Jahr sind jedoch bereits die Totonaken gekommen.
08. Oktober 2017
Wenn du denkst, du denkst ...
Jetzt ist dringend eine Abkühlung fällig. Wir haben von Martin, einem Schweizer, gehört, der am Golf von México, nördlich der Stadt Veracruz, ein Restaurant mit wenigen Stellplätzen direkt am Strand betreibt. Nichts wie hin.
Irgendwie ist hier in diesem Bundesstaat alles anders als wir das bisher von México kennen. Die eh schon schlechte Straße wird noch schlechter. Die Schlaglöcher sind so tief, dass man bereits das Erdinnere erkennen kann. Wieder einmal sind wir froh, ein Fahrzeug mit großen, festen Reifen zu fahren. Auch die Lebensverhältnisse der Menschen verschlechtern sich mit jedem Kilometer Richtung Küste.
Wir fahren die Costa Esmeralda entlang. Braun schwappt das Meer bedenklich nahe an die meist verlassenen Gebäude. Was ist hier los? Sind das noch die Auswirkungen der Hurrikans? Kurz vor der Ortschaft Casitas, wie zum Trotz, ein großes buntes Schild „Coco Loco“. Wir haben Martin gefunden.
Die von ihm betriebene Anlage darf getrost als Oase betrachtet werden. Ja, und Martin kann ich fast nicht beschreiben. Er begrüßt uns herzlich. Wie lang ersehnte Freunde nimmt er uns in den Arm und zeigt uns den Stellplatz am Meer. Schön hat er es hier. Er entschuldigt sich für das rauhe Meer. Verantwortlich dafür sind die starken Regenfälle der letzten Wochen und mehrere große Flüsse, die aus der Bergregion im Hinterland kommen und hier ihre Mündung haben. In den nächsten Tagen allerdings sollte das Meer seine vielgeprießene Smaragdfärbung zurück erlangen.
Martin hat arbeitsreiche Tage hinter sich. Der letzte Hurrican hat stark gewütet. Die abgeknickte Schweizer Flagge liegt noch da, während die bunten Hängematten bereits wieder einladend zwischen den Palmen schaukeln. Urig rustikal, mit einem Hauch von Paradies, so lässt sich dieses Plätzchen wohl am besten beschreiben.
Nur wenige Minuten nach unserem Einzug auf „Coco Loco Island“ bringt Martin schon die ersten Margheritas und er wäre nicht Martin, wenn diese nicht nach seinem Spezialrezept gemixt würden.
Wir plaudern den ganzen Nachmittag. Vor 25 Jahren, als junger Mann, hat er das Grundstück hier erworben. Bis zur Wirtschaftskrise 2008 kamen viele Amerikaner zum Überwintern an den schönen Küstenstreifen. Die Krise in den USA ist inzwischen zeitlich überwunden. Aus Angst vor Drogenkriegen in der Region um Veracruz sind die Urlauber leider nur vereinzelt zurückgekehrt. Das stimmt traurig, doch Martin weiß mit seiner dauerhaft guten Laune diese melancholische Stimmung zu vertreiben. Nicht im Lokal, nein, hier direkt am Strand serviert er uns ganz selbstverständlich ein köstliches Drei-Gänge-Menü.
Anschließend setzt er sich wieder zu uns und entkorkt noch eine Flasche guten mexikanischen Rotwein.
„Jetzt ... jetzt könnt ihr gleich selbst seh’n, warum ich hier nicht weg will“, sagt er und lehnt sich schweigend, selig zurück. Gespannt schau’n wir auf’s Meer, das in der Zwischenzeit deutlich ruhiger geworden ist. Tatsächlich, da tut sich was. Erst ist es nur ein schwacher Lichtschein. Sekündlich wird er stärker und leuchtet orange. Dann zeigt sich eine schmale Sichel. Nur Minuten später schwebt der Vollmond über dem Meer und taucht alles in karibisches Licht.
Die Nacht war wieder schwül warm. Als ich von einer kleinen Strandwanderung zurück komme, deckt unser Gastgeber den Tisch zum Frühstück ein. Eier mit Speck und mexikanischer Mole, dazu Kaffee und frisch gepressten Saft aus Orangen und Mandarinen, die hier im Garten wachsen. Auch einen kleinen Blumenstrauß hat er nicht vergessen. Was sagt man dazu? „Martin, hast du schon mal auf einem Kreuzfahrtschiff gedient?“ ... ist das einzige, was mir einfällt. Seine selbstverständliche Emsigkeit rührt mich und wir frühstücken gemeinsam.
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Martin erzählt von Schildkröten. Lange hat er in einem Camp zum Schutz dieser Art mitgearbeitet. Des nachts werden dort die Schildkröten bei der Eiablage beobachtet. Um das Gelege vor Nesträubern zu schützen, werden sie von den Helfern umgesetzt. Nach 2 Monaten schlüpfen sie aus. Die Temperatur während dieser Zeit bestimmt das Geschlecht dieser faszinierenden Tiere. Während bei Temperaturen bis 28 Grad vorwiegend Männchen schlüpfen, reifen ab 30 grad vorwiegend weibliche Tiere.
Er muss lachen, weil wir ihm so gespannt lauschen. Jetzt erst fällt mir auf, dass er eigentlich schon die ganze Zeit vor sich hin schmunzelt. Unvermittelt springt er auf und ist verschwunden. Mit einer großen blauen Schüssel steht er kurz darauf wieder vor uns. Vor zwei Monaten hat er das Gelege einer Meeresschildkröte in Sicherheit gebracht. Vor ein paar Tagen sind die ersten Tiere geschlüpft. Gemeinsam mit uns will er sie hier und jetzt ihre lange Lebensreise antreten lassen. Beim Anblick dieser kleinen Turtles kullern bei mir die Tränen. Auch Hans-Jürgen lässt das nicht kalt. Vor lauter Überraschung vergisst er glatt zu fotografieren. Macht nichts. Es gibt Dinge, die vergisst man nie im Leben - auch ohne Bilder.
Am Abend nimmt uns Martin mit an einen anderen Strand auf Schildkrötenpatrouille. Mit Lampen suchen wir letzte Nachzügler, die jetzt noch bei Mondschein ihre Nester verlassen. Viele große Krebse liegen auf der Lauer, um die kleinen Kämpfer kurz vor dem Erreichen des Meeres abzufangen. Fünf Tieren können wir an diesen Abend sicheres Geleit geben. Ohne unseren Schutz hätten sie das Wasser wahrscheinlich nicht erreicht. Vielleicht haben wir mitgeholfen, die Welt ein bisschen besser zu machen ... und das fühlt sich großartig an.
Am nächsten Tag erweitert sich unsere Runde. Kerstin und Christian, zwei junge Overlander mit ihrem VW-Bus 4x4 aus Deutschland ziehen ebenfalls auf Coco Loco ein. Es gibt viel zu erzählen.
08. bis 11. Oktober 2017
R e z e p t
Zutaten für 4 Personen:
2 sehr reife Avocados
2 kleine Limetten
1 kleine rote Zwiebel
2-3 Knoblauchzehen
1 Stück Jalapeno (Chili-Schote)
4 Stengel Koriander
Pfeffer, Salz, Olivenöl
etwas cremiger Joghurt
Ich liebe Guacamole.
Jede Familie hat ihr eigenes Rezept.
Oft durfte ich bei der Zubereitung schon dabei sein.
HIER ... das ultimative Rezept !!!
Zwiebel, Knoblauch, Koriander und Jalapeno klein hacken. Die reifen Avocados halbieren, Kern entfernen und mit dem Löffel das gesamte Fruchtfleisch entnehmen. Das Fleisch der Avocado in einer Schüssel zerdrücken, cremig rühren und mIt dem Limettensaft beträufeln. Anschließend die gehackten Zutaten unterrühren, mit Salz, Pfeffer, Joghurt und Olivenöl abschmecken. Fertig.
... der Kaffee ist fertig !
... hören wir das nicht alle gern? Diese Worte bewirken ein angenehmes Gefühl in uns. Der Genuss einer schönen, heißen Tasse Kaffee ist wie eine Streicheleinheit.
Die Zubereitung ist einfach. Auch hier hat die Technik Einzug gehalten. Seit der Erfindung der Kaffeemaschine ist der Zeitaufwand minimal und das Gelingen nahezu garantiert.
Was aber steht eigentlich hinter diesem braunen Pulver, das wir täglich benutzen, immer ausreichend zur Verfügung haben und für jeden erschwinglich ist. Darüber wissen wir wenig.
Im Hochland von Veracruz, in der Nähe der Stadt Xico, lernen wir Michael, einen Franken kennen. Nach dem frühen Tod seiner Mutter, kam er als 18jähriger nach México. Archäologie wollte er hier studieren und im Dschungel nach Pyramiden suchen. Doch es kam anders. Er heiratete eine Mexikanerin, deren Familie eine Kaffee-Finca betreibt. Heute ist er verantwortlich für die Kaffeeproduktion und das gesamte Areal, zu der auch ein großer, verwunschener und geschichtsträchtiger Garten, eine Hotelanlage mit Tagungsräumen und eine Caféteria mit Bar gehört.
Einen ganzen Tag nimmt sich Michael für uns Zeit, um den aufwändigen Prozess von der Kaffeekirsche bis zur Bohne zu erläutern.
Auf Youtube gibt es viele Videos in verschiedenen Ausführlichkeiten zum Herstellungsweg von Kaffee.
Anzumerken wäre, dass in México, wie auch in Guatemala, Kaffee der Hochlandsorte Arabica angebaut wird, welche für besonders feine Aromen steht. In tieferen Lagen, vorwiegend Brasilien, wächst die Sorte Robusta, aus der kräftiger, dunkler Kaffee hervorgeht. Geröstet wird Kaffee heutzutage im Bestimmungsland, zum Beispiel in großen Röstereien in Hamburg, und nicht mehr im Ursprungsland, was steuerliche Gründe hat. Besonders erschreckend ist der harte Preiskampf im Kaffeegeschäft. Der Preis für Roh-Kaffee wird an der Warenbörse ermittelt und weltweit festgesetzt. So kommt es vor, dass in manchem Jahr keine Ernte stattfindet, da der Preis nicht einmal die Arbeitskosten decken würde.
13. bis 14. Oktober 2017
Die Carrera Panamericana gilt als eines der verrücktesten Autorennen der Welt. PS-starke Oldtimer mit Piloten aus aller Welt messen sich jedes Jahr im Oktober auf öffentlichen Straßen in México. Die Rallye führt in mehreren Etappen von der Pazifikküste in Chiapas bis nach Durango im Norden.
Wir sind auf dem Weg nach Oaxaca. Die ausgesuchte Strecke auf der Méx 125 führt uns weit ab von den großen Straßen. Diese Serpentinenroute ist genau nach unserem Geschmack. Über viele sanfte, mit Kakteen bewachsene Hügel schlängelt sie sich 250 Kilometer durch fast menschenleeres Gebiet.
Nach einer der vielen Kurven werden wir vor einer kleinen Ortschaft von der Polizei angehalten und rechts ran gewunken. Einige andere Fahrzeuge stehen bereits am Straßenrand, alle Insassen sind ausgestiegen, lachen und unterhalten sich. Überall wo wir anhalten, gehören wir sofort dazu. Bei diesem Stopp läuft die Sache beinahe aus dem Ruder.
Wir sitzen noch im Fahrerhaus, als eine kleine Meute fröhlich winkend auf uns zukommt. Von allen Seiten werden Otto und wir fotographiert. Alle schnattern durcheinander und auch die Winkerei hört nicht auf. Wir sind umzingelt.
Als wir aussteigen, werden wir sofort geküsst. Amüsiert lassen wir von uns Fotos schießen. Jetzt ist auch der Eisverkäufer mit seinem Handwagen zu unserer Ansammlung aufgerückt. „Was ist hier eigentlich los“, fragt HJ einen etwas abseits stehenden Mann. In seiner Erklärung fällt der Begriff „Carrera Panamericana“. „Ach nee, jetzt sind wir doch tatsächlich in dieses herrliche Autorennen geraten.“ Damit erklärt sich auch die Aufregung der Passanten. Sie halten uns für ein Begleitfahrzeug der Minuten später eintreffenden Sportwagen.
Da unser Spanisch nicht ausreicht und sich die Mexikaner so sehr freuen, dass mal einer angehalten hat, klären wir dieses witzige Missverständnis auch nicht auf.
16. Oktober 2017
Superstars
Wir ziehen für ein paar Tage auf dem Campground von Leanne und Calvin in El Tule bei Oaxaca Stadt ein. Es ist wirklich eine sehr kleine Gartenanlage in deren Mitte eine große gemauerte Garage steht. Die beiden Canadiens brachen 1986 in einem großen, zum Wohnmobil umgebauten Bus auf, um ihr Land zu erkunden. Ihre Reise verlief durch die USA und México bis El Tule bei Oaxaca. Das Klima, die Gegend und die Menschen taten ihnen so gut, dass sie beschlossen, hier sesshaft zu werden.
Kurzerhand kauften sie ein Grundstück, parkten ihren riesigen Bus in der Mitte, bauten darum eine Garage und friedeten das Areal mit einer hohen Mauer und einem Tor ein. Als sie fertig waren, betrachteten sie den schmalen Grünstreifen, der vor und neben dem Bauwerk übrig geblieben war. Was anfangen mit diesem Stück Rasen?
Die begeisterten Ex-Overlander machten daraus einen Campingplatz. Calvin, technisch sehr versiert, baute noch ein kleines Sanitärgebäude und Leanne informierte die schon immer bestens vernetzte Traveler-Szene. Mittlerweile ist ihre Adresse für Panamericanafahrer ein Wegpunkt, der nahezu von allen aufgesucht wird.
Wegpunkte
Maximal 7 kleine Fahrzeuge finden hier Platz, Größere entsprechend weniger. Kommt oder geht ein Campingbruder, so muß clever umgeparkt und rangiert werden, aber Calvin hat dies bestens im Griff.
Wir erlebten bei den freundlichen Kanadiern fünf ruhige und sichere Tage, konnten bei sehr gutem WiFi an unserer Website arbeiten und Ausflüge nach Oaxaca unternehmen.
16. bis 21. Oktober 2017
Stadtbummel
Oaxaca ist eine pulsierende Stadt im südlichen México. Auf unserem Bummel über die farbenfrohen Märkte finde ich wieder allerlei schöne Mitbringsel und einen neuen Hutmacher.
Auffällig ist hier der hohe Anteil der indigenen Bevölkerung. Es werden Trachten getragen und auch verkauft. Die aufwändig bestickten Kombinationen erinnern mich an Frieda Kahlos Kleiderschrank.
Der Baum des Lebens
Unbedarft schlendern wir den Weg über den Zocalo von El Tule Richtung Kirche. Es ist ein kleiner, ruhiger, beschaulicher Ort. Aus der offenen Kirchentür ist die Zeremonie eines Gottesdienstes zu hören. Die Kirchenglocken läuten lange und fröhlich, wie in Méxiko üblich.
Aus der Entfernung können wir den großen Baum, den wir uns anschauen möchten, bereits erkennen. Die unteren Zweige der Krone hängen tief, teilweise bis zum Boden. Malerisch steht er neben der lebendig bunten Kirche zu deren Anlage er gehört.
Wir gehen durch den Haupteingang Richtung Kirche. Der Riese streckt uns seine grünen Äste entgegen, stoppt den oberflächlichen Blick und fordert zum Innehalten auf. Nur wenige Meter weiter lüftet sich der Vorhang aus Ästen und man steht in einer anderen Welt.
Es dauert etwas bis der Kopf verarbeitet, was die Augen sehen und der Körper empfindet. Die Umgebung ist verschwunden und unwichtig. Der mächtige Stamm zieht alle Konzentration auf sich. Er steht für geballte Lebensenergie, Kraft und Unsterblichkeit. Die zerfurchte Rinde ist gezeichnet von tiefen Falten, wie das Gesicht eines Methusalems. Mit tiefer Stimme murmelt er Geschichten längst vergangener Zeiten. Oder war das der Wind?
Das Alter dieser mexikanischen Sumpfzypresse wird auf etwa 1600 Jahre geschätzt. Mit einem Stammumfang von über 46 Metern ist er nicht nur der dickste Baum der Welt, sondern zählt auch zu den größten Lebewesen (!) der Erde. Tief beeindruckend!
19. Oktober 2017
Baum des Lebens
Im Herzen der Sierra Madre del Sur
Über viele enge Serpentinen windet sich die unbefestigte, zerfurchte Straße durch menschenleeres Gebiet. Kakteen und wilde Agaven wachsen an den Steilhängen. Natur pur.
Unser nächstes Ziel sind die versteinerten Wasserfälle und heißen Quellen, Herve del Agua, 70 Kilometer südöstlich von Oaxaca, im Herzen der Sierra Madre del Sur.
Sprachlos wandert unser Blick über die unberührte Landschaft. Bilder machen hier Worte überflüssig.
21. Oktober 2017
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Hochprozentig
Als Schnaps des armen Mannes wurde er lange Zeit verschrien. Zwischenzeitlich erzeugen einige wenige Destillerien eine echte Edelspirituose für Kenner. Die Rede ist von „Mezcal“, dem handwerklich erzeugtem, hochprozentigen Agavenbrand. Einheimische weißen mit Nachdruck darauf hin, dass Mezcal, ähnlich wie Absinth, auch eine bewußtseinsverändernde Wirkung besitzt.
Im Gegensatz zu Tequila, bei dessen Herstellung nur die blaue Agave verwendet wird und die 200fache Menge industriell produziert wird, dürfen für die Herstellung von Mezcal verschiedene, auch wild gesammelte Agaven eingesetzt werden. Dadurch erhöht sich die Geschmacksvielfalt erheblich ... hab’ ich mir von HJ erklären lassen.
Dieser edle Tropfen entsteht hauptsächlich entlang der Ruta de Mezcal von Oaxaca Richtung Mitla. „Wir brauchen dringend drei Flaschen“, ist HJ der Meinung. Eine für unseren lieben Freund Werner zu Hause, der einen besonderen Gaumen für solche Spezialitäten hat; eine weitere für ihn selbst ... und eine Dritte, dabei hat er ein Schmunzeln im Gesicht, für seinen vierrädrigen Kameraden OTTO. Ich dachte immer, der säuft Diesel. So kann man sich täuschen.
Vorbereitungen und "Wartung"
Wir drehen die Kompassnadel wieder Richtung Norden. In zwei Tagen spulen wir die 800 Kilometer ab. Unser Freund Héctor, der unsere Ankunft am 26. Oktober in Morelia erwartet, sendet per Email das bestens ausgearbeitete Programm für die Tage um den Dia de los Muertos. Es rührt uns unendlich, was sich diese Familie für Mühe macht. Jetzt heißt es auch für uns, Vorbereitungen zu treffen.
Zunächst ziehen wir am Campingplatz von San Miguel de Allende ein. Der Platz und die Stadt ist uns ja bestens bekannt, da wir dort schon im Frühjahr sechs Wochen verbracht haben. Als Erstes brauchen wir Geschenke. Zielsicher finden wir die passenden Geschäfte.
Für Héctor und seine Frau Adriana kaufen wir ein großes, handbemaltes Herz aus Holz. Auf dem dazugehörigem Metallständer können wir noch eine persönliche Widmung aufbringen. Wunderbar.
Für die beiden Töchter, Andrea und Mariana, finden wir zwei tolle, handbemalte Kleider mit Motiven zum Dia de los Muertos. Beim Anblick dieser ganz besonderen Schmuckstücke erliege auch ich dem Shopping-Wahn, aber das nur nebenbei.
Auch am nächsten Tag haben wir beide volles Programm. Ich checke bei der Kosmetikerin meines Vertrauens ein und HJ hat einen Termin im Barber-Shop gleich um die Ecke. Ja, die Wartungskosten steigen! Jetzt sind wir fertig und glänzen beide wie sonst nur zu Weihnachten. Morgen geht’s dann nach Morelia.
24. und 25. Oktober 2017
HECHO HOMBRE, BARBER + SHOP
Ancha de San Antonio #57, Centro
San Miguel de Allende, INFO@HECHOSMA.COM
Herzlich Willkommen
Das Verhältnis einer Kultur zum Tod sagt viel über deren Einstellung zum Leben aus. Mexikaner begegnen dem Tod mit Ironie und Sarkasmus. Kleine Totenschädel aus Zuckerguss, mit Knochen verzierte Brote und Leichen aus Schokolade sind nur Teile eines großen Spektrums.
Die Skelett-Dame „la catrina“ ist das bekannteste Symbol zum „Tag der Toten“.
In Capula, einem kleinen Dorf in der Nähe von Morelia, dreht sich alles um die Herstellung dieser filigranen Geschöpfe. In allen Größen, in jeder Preiskategorie, aus unterschiedlichen Materialien, meistens bunt bemalt, können diese Geschöpfe hier bewundert und gekauft werden. Zu jeder mexikanischen Familie gehört mindestens eine Catrina.
Schon lange liebäugele ich mit der allgegenwärtigen gruseligen Dame. Am Stand des Künstlers Laureano Martin Guzmán passiert das Unvermeidliche. Eine 50cm große, von ihm entworfene Catrina stellt unverkennbar Frida Kahlo dar. Ich seh’ es deutlich vor mir, wie sie majestätisch lächelnd auf der große Komode im Eingangsbereich unseres Hauses steht. Spontan und begeistert schlage ich zu. Verständnislos kopfschüttelnd, aber auch ein bisschen stolz, trägt HJ kurze Zeit später den großen Karton durch den bunten Markt.
Ich bin froh, dass er mich nicht fragt, wo wir unseren Schatz im Otto verstauen wollen und wie die leicht zerbrechliche „Frida Catrina“ je ihren angedachten Platz in der Heimat erreichen soll? ............ denn ich habe nicht die leiseste Ahnung.
.... jetzt sitz’ ich hier und schau’ Löcher. Eigentlich will ich die Geschichte von Hector, seiner wunderbaren Familie und dem Dia de los Muertos tippen. Wo soll ich anfangen?
Eine ereignisreiche, turbulente und lustige Woche liegt hinter uns. In den letzten Tagen waren wir Teil einer unglaublich liebenswerten mexikanischen Familie, die wir Monate zuvor in San Miguel de Allende getroffen hatten.
Dass wir von Oaxaca noch einmal zurück nach Morelia kommen, bedeutet für Hector sehr viel. Er schlägt vor, uns bereits am Stadtrand abzupassen und zum Stellplatz in Stadtmitte dieser über eine Million Einwohner zählenden Stadt zu führen. Wir versichern ihm, dass es uns dank Navi und Koordinaten auch ohne Geleit gelingen wird, das vereinbarte Ziel zu erreichen.
Beim Eintreffen an der öffentlichen Parkanlage werden wir von bewaffneten Security-Leuten mit Namen und Handschlag begrüßt. Sie berichten, dass Hector sie vorab über unser Eintreffen informiert hat. Gemeinsam haben sie einen Parkplatz ausgewählt, der auch vom Büro der Security bestens zu überblicken ist. Freundlich und verbindlich garantieren sie für die Zeit des Aufenthalts für die Sicherheit. Wahnsinn!
Nur fünf Minuten später treffen Hector, seine Frau Adriana und die Töchter Andrea und Mariana ein. Mit großer Freude begrüßen wir uns. Wir fahren zu ihnen nach Hause und essen zu Abend, tauschen bisherigen Erlebnisse aus und ihre glücklichen Gesichter sprechen für sich. Dabei versuchen wir zu erklären, dass ihre Einladung uns zu den Beschenkten macht, ... aber Hector sieht das etwas anders.
Er hat für die folgenden sieben Tage einen Plan gemacht, diesen ins Deutsche übersetzt und mit Links versehen. Sein Programm umfasst zahlreiche Besichtigungen von Sehenswürdigkeiten, einen Wellness-Tag, Fahrten durch die wunderschöne Hügellandschaft des Bundesstaates Michoacán, zu dem seine Heimatstadt Morelia gehört, und natürlich die Feierlichkeiten zum Dia de los Muertos. Selbstverständlich hat Hector auch an das leibliche Wohl gedacht und den Besuch sehr unterschiedlicher Restaurants mit gehobener und traditioneller Gastronomie eingeplant. Selbst eine Hotelübernachtung in Uruapan, eine der ältesten Städte Méxicos, hat er organisiert. Otto soll derweil in der Obhut der „Securidad“ bleiben.
Wir sind platt! Was soll man da sagen. Dankend nehmen wir seine Vorschläge an und erleben wunderbar unbeschwerte Tage voller Herzlichkeit und Wärme.
Catrinas für Alle !
Herzblut
In Mariana’s Schule findet eines der wichtigsten Ereignisse des Jahres statt. Die Schüler jeder Klasse errichten im Schulhof zu Ehren berühmter Persönlichkeiten besonders aufwändig geschmückte Altare. Diese Gemeinschaftsprojekte erfordern Vorarbeit und wochenlange Recherchen, da die Altare Szenen aus deren Leben sowie Besonderheiten und Vorlieben präsentieren sollen. Eine Schulkommission bewertet anschließend die Werke nach Gestaltung, Präsentation und Aussagekraft.
Seid unserer Ankunft ist bei Mariana Vorfreude, aber auch Nervosität zu spüren, denn die Altare müssen an einem Tage aufgebaut und gestaltet werden. Nach Einbruch der Dunkelheit dürfen dann Besucher und Eltern die Werke der Schüler betrachten. Für uns ist dieser Abend ein besonderes Erlebnis, da solche Altare eng mit dem Dia de los Muertos verbunden sind. Die Lichtstimmung ist bezaubernd. Nur Kerzenlicht erhellt die aufwändig errichteten Szenerien.
Endlich stehen wir vor dem Altar von Mariana’s Team. "Matilde Petra Montoya" ist das Thema. Sie widmete ihr Leben der Medizin. Hart musste sie kämpfen und sich beweisen, um die erste weibliche Ärztin Méxicos zu werden. Anschaulich und mit Liebe zum Detail gibt der Altar von Marianna und ihrer Gruppe das Leben dieser außergewöhnlichen Frau wieder. Vor allem beeindruckt mich die Erkenntnis der Schüler darüber, mit wieviel Herzblut Matilde, für ihren Traum Ärztin zu werden, gekämpft hat. Ein pochendes Herz aus roten Sägespänen, das unsichtbar mit einer mit Löchern versehenen Plastiktüte unterfüttert ist und von einen Schüler im Hintergrund immer wieder aufgeblasen wird, ahmt den menschlichen Herzschlag gespenstisch nach.
Das ganze Projekt erinnert mich sehr an die pädagogischen Lehren von Maria Montessori. Wir lernen sehr aufgeschlossene, begeisterte und fröhliche Jugendliche kennen, die uns ihre Projekte auch spontan in englisch vorstellen. Wir haben den Eindruck, dass in México eine selbstbewusste, gebildete und kommunikationsfähige Gesellschaft heranwächst. Dieses Erlebnis lässt eine weitere positive Entwicklung des Landes erahnen.
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Familienausflug
Unser gemeinsamer zweitägiger Ausflug nach Uruapan hält neben kulinarischen und kulturellen Sehenswürdigkeiten auch viel Natur bereit. Der Parqué de Nacional beeindruckt üppig in blau und grün. Hector mimt den perfekte Reiseleiter. Wir alle folgen seiner roten Mütze lachend und scherzend.
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Der Tag der Toten ist ganz und gar kein trauriger Tag, sondern ein fröhliches Volksfest mit Musik und Tanz, Speis' und Trank. Rund um den Friedhof reiht sich ein Verkaufsstand an den nächsten. Es wird dem Leben gefrönt. Verkleidet und bemalt tritt man hier dem Tod entgegen.
Vor der kleinen Kirche, in unmittelbarer Nähe, wird ein Gottesdienst abgehalten.Riesige, mit Ringelblumen geschmückte Totenschreine werden vom Priester gesegnet, Weihrauch schwängert die Luft. Währenddessen geht die Sonne unter. Erst die Dunkelheit sorgt für den passenden Hintergrund dieser Szenerie.
Die Prozession setzt sich in Richtung Friedhof in Bewegung und wird von schräger Blechblasmusik und Trommlern begleitet. Die tragbaren Baldachine werden über den bereits geschmückten Gräbern platziert. Tausende Kerzen leuchten. Um die Gräber sind Tische, Stühle und Schlafgelegenheiten errichtet. Bis zum Morgengrauen bleiben die Angehörigen bei den Gräbern und erwarten die Rückkehr der Verstorbenen. Mancher versinkt in nachdenkliches Schweigen, andere lachen und essen. In dieser surrealen Welt hat jeder seine eigenen Gedanken und Gefühle. Nie werden wir diese Nacht vergessen, in der wir uns zwischen Himmel und Erde glaubten.
Dia de losMuertos
zwischen
Himmel und Erde
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Sternfahrt
Wir lassen Otto warm laufen, Hector sattelt seine BMW GS 1200 und Adriana schwingt sich auf den Sozius. Gemeinsam cruisen wir durch die Bergwelt von Michoacán, vorbei an Seen, deren Farbe uns an Kanada erinnert. Dann wieder geht es durch hügelige Landschaft, ähnlich der italienischen Toscana. Kleine verschlafene Dörfer schmiegen sich an die Hänge. Unser Ziel ist Tlalpujahua de Rayón, wo sich alles um Weihnachten und vor allem um Glaskugeln dreht.
Hier werden wir übernachten. Hector und Adriana im Hotel und auf uns wartet ein Übernachtungsplatz der Selbstvertrauen verlangt. Der Ort ist wirklich klein und eng. Außerdem liegt er steil am Hügel. Vermessen, wer sich mit seinem 10-Tonner in diese engen Gassen wagt. Allerdings vertrauen wir nach den bisher gemachten Erfahrungen vollends auf unseren Reiseleiter, der für uns Bahn macht.
Hector hält an, nimmt den Helm ab und meint: „Wir sind da!“ Wir stehen mitten am pulsierenden Zocalo, weit und breit kein freier Parkplatz in Sicht. Von meinen Sitz aus kann ich problemlos in die Fenster des ersten Stocks der umliegenden Häuser schauen. Hunderte von Augenpaaren beobachten uns. Was die Köpfe dahinter denken, kann ich mir gut vorstellen.
Hector redet mit dem "Dorfältesten" und lässt den Polizeichef kommen. Sofort kommt richtig Leben in den eh’ schon pulsierenden Marktplatz. Mittlerweile sind drei Polizisten unterwegs und laufen von Haus zu Haus. Autos werden weggefahren und umgeparkt. Immer wieder kommt die markerschütternde Trillerpfeife des Polizeipräsidenten zum Einsatz. Hector ist sichtlich zufrieden mit dem Aktionismus und zwinkert uns zu. Minuten später werden wir in einen schönen großen Parkplatz, mitten am Zocalo, eingewiesen. „Touristen, noch dazu aus Alemania, haben in Tlalbujahua Vorfahrt“, erklärt der Anführer beim Plausch in unserer Wohnkabine. Also, geht doch!
Zu viert gehen wir noch schön Essen und verbringen anschließend einen feuchtfröhlichen Abend im soeben neu eröffneten „5-Sterne-Hotel am Zocalo“. Der Mezcal „La Truja“, ein Geschenk von Mariela, rundet den Abend ab. Nach einem tollen Frühstück mit Ausblick auf die Stadt und Bummel über den Weihnachtsmarkt heißt es für uns Abschied nehmen. Aber daran möchte ich mich jetzt nicht erinnern.
Freundschaft
So ist es uns passiert, dass aus einer kurzen Bekanntschaft eine echte Freundschaft wurde. Bereits im nächsten Sommer wird uns Mariana, die jüngere Tochter, in Deutschland besuchen. Andrea hat vor, nach ihrem Master-Studiengang, ebenfalls einen Besuch bei uns zu Hause zu machen.
Auch Hector und Adriana konnten wir überzeugen, einmal nach Deutschland zu kommen. "Ich werde mal einen Plan machen", meinte er schmunzelnd ....!
26. Oktober bis 02. November 2017
Hans
Hector
und
..... hat es alles schon gegeben!
Dschungelcamp
Wieder wird es grün und das Blattwerk riesig. Dicht und geheimnisvoll ist die Dschungelwelt rund um Palenque. Die Straße wird immer schmäler, so dass sich das grüne Dach über unserem Fahrzeug schließt. Immer wieder müssen wir auf herausragende Äste achten. Die Fahrwege wirken frisch ausgestanzt. Die Nacht kommt schnell in diesen Breitengraden. Gerade bewunderten wir noch den Lichteinfall und das Farbenspiel von rot und grün. Minuten später ist es vollständig dunkel. Die letzten Kilometer zu unserem Stellplatz fahren wir durch rabenschwarze Nacht.
Das Geschrei der Brüllaffen weckt uns am nächsten Morgen. Ich habe sehr schlecht geschlafen und dementsprechend ist auch meine Laune. Es ist durchaus ein Zusammenhang zwischen der Luftfeuchtigkeit und meinen Stimmungsschwankungen zu erkennen. HJ scheint damit keine Probleme zu haben und wie zum Trotz macht er auch noch seine Liegestützen und Dehnübungen. Schrecklich!
Über einen geheimnisvollen Pfad wandern wir an einem kleinem Fluß entlang, hoch zu den Ruinen von Palenque. Steinerne Zeugnisse des untergegangenen Mayareiches säumen den Weg. Bis zu 10 Millionen Mayas sollen zu deren Blütezeit in der Region um Chiapas, Yucatan und Guatemala gelebt haben. Sie entwickelten ein Schriftsystem, einen Kalender und bereits komplexe mathematische Ordnungen. Mit ihrem erstaunlichen astronomischem Wissen beobachtete diese Kultur die Schwankung der Rotationsachse der Erde anhand der Umlaufbahn des Planeten Venus. Zu dieser Zeit hielten die Europäer die Erde noch für eine Scheibe.
Aus noch immer rätselhaften Gründen brach diese Hochkultur im 9. Jahrhundert plötzlich vollkommen zusammen. Wir wandern durch die imposante Ausgrabung, wobei bis heute nur einer kleiner Teil der vermuteten Gesamtanlage freigelegt und dem Dschungel abgerungen werden konnte. Dabei diskutieren wir über die möglichen Ursachen des Untergangs: War es Überbevölkerung oder eine Klimakatastrophe mit Dürre und Hungersnot ? ... und dies im fatalen Zusammenhang mit übertriebenen Perfektionismus, systemhafter Überregulierung und mangelnder Flexibilität, wie Archäologen der Universität Cincinatti meinen?
Ja, woran und warum zerbrechen Hochkulturen? Die Mayas sind nicht die einzigen der Menschheit, die diesen Weg gingen. Sind wir nicht auch eine Hochkultur und vielleicht gefährdet?
09. bis 11. November 2017
Götterfunken
Auf Yucatan gibt es so gut wie keine oberirdischen Flüsse. Das Wasser sickert sehr schnell durch das kalkhaltige Erdreich. Es bilden sich kilometerlange, unterirdische Flüsse und Höhlen. Über 1000 dieser sogenannten „Cenotes“ gibt es hier.
Zehn Monate sind wir nun schon in México unterwegs. Fast kein Tag ist ohne ein Highlight vergangen. Wir sind längst davon überzeugt, in einem der schönsten und vielfältigsten Länder dieses Kontinentes unterwegs zu sein. Und dann kommt da noch ein Naturschauspiel, das uns den Atem raubt und ab sofort an Götter glauben lässt.
Ein unscheinbares Schild am Straßenrand Nähe Valladolid weißt uns den Weg. Hier muss es sein. Nur ein paar hundert Meter abseits der Straße, die sich viele Kilometer durch den Dschungel bahnte, finden wir die kleine Hotelanlage. Keiner da? Geschlossen? „Si, abierto (geöffnet)“, ruft uns Erika zu und winkt. Die kleine Frau heißt uns herzlich willkommen. „Natürlich können wir hier übernachten, essen, trinken und den Pool benutzen“, erklärt sie uns, „zur Cenote sind es nur ein paar Schritte durch den Dschungel“.
Besser geht es nicht. Wir trinken erst noch einen Kaffee bevor wir das Fotoequipment zusammenpacken und uns auf den kurzen Weg zur Cenote machen. Außer Erika ist uns noch kein Mensch begegnet.
Wir finden eine unscheinbare, steile Steintreppe, die zweifellos unter die Erde führt. Könnte passen. Ich denke, es lag auch an diesem unscheinbaren Eingang, dass wir so überrascht waren. Langsam und immer auf die schmalen Stufen achtend, steigen wir ein. Das grelle Licht der Sonne weicht dem Dunkel der Höhle. Es dauert einen kleinen Moment bis sich die Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnen. Sprachlos und ehrfürchtig blicken wir in das glasklare Wasser. Hunderte Stalaktiten hängen von der Decke. Fledermäuse ziehen ihre Bahnen und verschwinden durch eine kleine Öffnung in der Höhlendecke. Einen Moment lang wissen wir nicht nicht, ob dieser Bereich noch zu unserer Erde gehört. In der Geschichte der Mayas wird vom Regengott Chac, der in der Unterwelt lebt, berichtet. Ich glaube, wir haben gerade den Eingang gefunden ...!
Suytun Cenotes bei Valladolid 08. und 09. Dezember 2017
Panoramablick
Die meisten Pyramiden vieler Ausgrabungsstätten auf Yucatan dürfen nicht mehr betreten und bestiegen werden.
Die Nohoch-Mul Pyramide El Castillo in Coba ist mit 120 Treppenstufen und 42 Metern Höhe das höchste Bauwerk auf Yucatán und liegt mitten im dichten Dschungel. Ein Besteigen ist noch erlaubt. Nach einem kurzen, steilen Aufstieg liegt uns die Welt der Mayas zu Füßen. Unvergesslich!
06. bis 07. Dezember 2017
Ho, ho, hoo ... schöne Bescherung !
Die Sonne geht unter in der Karibik und nur Minuten später gibt es den ersten Aufguß. Zwölf Stunden Dauersauna stehen an. Schweißgebadet sitze ich auf meinem Platz am Esstisch, neben mir immer griffbereit eine Rolle Zewa soft, wisch und weg. Manchmal denke ich, ich kann mich in dieser feuchten Luft rosten hören.
Hans-Jürgen versucht mich auf andere Gedanken zu bringen und fragt mich eiskalt, was ich mir zu Weihnachten wünsche. „Nichts, Hase! Ich hab’ doch alles“, ist darauf meine ehrliche Antwort in den letzten Jahre gewesen. Für dieses Jahr allerdings, so kurz vor unserer Tour durch Mittel- und Südamerika, wo oft hohe Luftfeuchtikeit herrscht, hab’ ich einen ganz dringlichen und konkreten Wunsch. Der fängt mit „Klima“ an und hört mit „anlage“ auf. Hätte ich mir ein hellblaues Einhorn gewünscht, hätte es für Hans-Jürgen weit weniger Aufwand und Mühe bedeutet.
In den folgenden Tagen malträtiert er sein Handy und setzt alle Hebel in Bewegung. Zwei Wochen später ist eine „Dometic RXT 1000“, ein deutsches Fabrikat, auf dem Weg von México City nach Cancun.
Wow! Es hat tatsächlich alles geklappt (sehr vereinfacht ausgedrückt. Anm. HJ) und so kam es, dass wir am Nikolaustag im weißen Sand am Strand von Xpu-Ha stehen und überlegen, wer uns dieses magische Zaubergerät einbaut. Vielmehr: Ich überlege, während Hans-Jürgen schon sein mitgeführtes Werkzeug bereit legt. Einen Nachmittag lang überlegt, misst und zeichnet er. Schrauben, Leisten, Silikonkleber und Dichtungsband kauft er im nahegelegenen Ort. Am nächsten Morgen rattert der elektrische Fuchsschwanz. Ohne zu zögern sägt Hans-Jürgen ein quadratisches Loch in Otto’s Dach. Hilfe!!! Nie mehr wünsch' ich mir was!
Vera und Dirk, die den Campingplatz hier verwalten, beobachten unser Spektakel. Zugleich vermitteln sie den Kontakt zu einem guten Freund, der mit seiner Familie in Playa del Carmen wohnt. Kurze Zeit später steht Martin vor uns. Er war ebenfalls viel auf Reisen und besitzt ein ähnliches Fahrzeug wie wir. An seinem Outfit Marke „Engelbert Strauss“ ist sofort seine technische Begabung zu erkennen. Nach einer kurzen Vorbesprechung wird die Anlage passgenau im vorbereiteten Ausschnitt auf dem Dach platziert, verschraubt und wasserdicht eingeklebt.
So läuft das in der fremden Welt. Überall gibt es Globetrotter. Es wird zusammengehalten und geholfen. In Manni’s Biergarten feiern wir mit Vera und Dirk sowie mit Paula und Martin das umgesetzte Klimaprojekt.
Spät in der Nacht liege ich noch wach, atme bewusst die herrlich trockene und kühle Luft. Also, ... es gibt ihn doch, den Weihnachtsmann ... und zufällig habe ich ihn geheiratet.
26. November bis 05. Dezember 2017