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MéXIcO      

Festland 1 

Schluss mit lustig

Ostern 2017

# Schluss mit lustig

Dass sich eine Straße richtig schlängeln kann, beweisen uns die letzten 300 Kilometer Richtung Copper Canyon. Keinen Meter geht es hier geradeaus. Wir kommen nur langsam voran. Otto schraubt sich in endlosen Serpentinen über felsige, trockene Berghügel auf 2500 Meter Höhe. Die Gegend ist dünn besiedelt. Nur ab und zu kommen uns LKWs entgegen.

 

An einer Ausbuchtung machen wir gerade Kaffeepause als im rasanten Tempo zwei Polizeifahrzeuge an uns vorbeibrettern. Sie machen kehrt und keilen Otto vorne und hinten ein. Sekunden später sind wir von acht schwerbewaffneten Polizisten umzingelt.

 

Beeindruckt von diesem Auftritt überdenken wir kurz unsere Möglichkeiten. Plan B „Flüchten“ scheidet aus. Plan C „Bärenspray“ erscheint ebenfalls wenig Erfolg versprechend. Plan A muss es richten, unsere stärkste Waffe: Wir sind freundlich, aber furchtlos!

 

 

 

 

Hans-Jürgen steigt aus und mit einem herzlichen „buenas tardes“ schüttelt er dem Anführer erstmal kräftig die Hand. Keiner der Krieger spricht englisch, was bedeutet, dass die anstehenden Fragen möglichst zügig auf spanisch zu beantworten sind, also „Schluss mit lustig“! Schnell schnappe ich mir die Wörterbücher und was höre ich da? Auf spanisch erklärt HJ wer wir sind und wo wir herkommen und hinwollen. Na bitte, geht doch. Eduardo hat mit seinen Unterrichtsthemen voll ins Schwarze getroffen. Die Lage entspannt sich mit jeder beantworteten Frage. Voller Stolz verlasse jetzt auch ich meine sichere Deckung und begrüße die Männer.

 

Irgendwann ist der Anführer zufrieden, nimmt sein Handy und bittet alle Anwesenden zum Gruppenfoto. So cool, das Bild muss ich haben. Ich zögere nicht lange, drücke ihm für ein weiteres Foto mein Iphone in die Hand, trete zurück in die Reihe und grinse weiter. Klappt, ich hab‘ das Foto.

 

Ein kurzer Pfiff und die Krieger springen auf ihre PickUps. „Buen viaje“ rufen sie uns noch zu, bevor sie von den Serpentinen verschluckt werden.

16. bis 19. April 2017

Der Weg ist das

   Ziel

Barranca del

   Cobre

# Tief, tiefer, Urique.

Drei Tage sind wir nun auf dem mexikanischen Festland unterwegs und unser Navi zeigt immer noch „Schlangenlinien“. Was ist es nur, das uns in diese gebirgige, einsame Landschaft zieht. Der Name „Kupferschlucht“ klingt zunächst nicht überwältigend, was sich jedoch sofort ändert, wenn ein Mexikaner über diese Bergregion spricht: „Barranca del Cobre“ klingt sehr mächtig, wobei die rollenden rrr’s eine gewisse Dramatik verleihen.

 

Die Barranca del Cobre ist eine der größten Gebirgsschluchten Nordamerikas und liegt in der Sierra Madre Occidental im mexikanischen Bundesstaat Chihuahua. Das kupferfarbene Gestein verlieh ihm einst seinen Namen. Dieser Canyon ist viermal so groß wie der weltberühmte „Grand Canyon“ im US-amerikanischen Arizona und wurde ebenfalls durch die Kraft eines Flusslaufes geschaffen. Sechs bis zu 1900 Meter tiefe und 50 Kilometer lange Schluchten bieten atemberaubende Ein- und Ausblicke.

 

Die meisten Besucher erreichen diese Gegend nicht wie wir mit dem Fahrzeug, sondern mit der Eisenbahn. Obwohl das Zugfahren in Mexiko eine sehr untergeordnete Bedeutung einnimmt, ist die Fahrt mit dem „Chepe“ eine ganz besondere Attraktion. Diese Eisenbahnstrecke gilt als eine der Spektakulärsten der Welt und führt von der Hafenstadt Topolobampo über Creel bis nach Chihuahua. „El Chepe“ schlängelt sich vorbei an schwindelerregend tiefen Schluchten und bizarren Felsformationen. Durch 87 Tunnel, Kurven und Spiralschleifen wird auf der 650 Kilometer langen Strecke ein Höhenunterschied von 2400 Meter bewältigt.

 

Wer mit dem Zug fährt erhält jedoch nur in der Kleinstadt Divisadero einen Einblick in das Schluchtensystem der Barranca del Cobre. Da wir den Canyon näher erkunden wollen, auch in die Schluchten einfahren möchten und, mit etwas Glück, Kontakt zu den mexikanischen Ureinwohnern, den „Rarámuri“-Indianern, bekommen möchten, haben wir unseren „Otto“ dem „Chepe“ vorgezogen. Am tiefsten Punkt des Canyons, in und um das Dorf „Urique“ lebt die größte Gruppe der Rarámuri. Um dorthin zu kommen, müssen wir weit und tief hinunterfahren. Die unbefestigte, einspurige Straße hat es in sich. Wie in ein Bergwerk fahren wir ein, lassen 1870 Höhenmeter und einige Nerven zurück und kommen an in „Tief, tiefer, Urique!

                                                                           Hans-Jürgen

Am Aussichtspinkt Divisatero

20. bis 22. April 2017

Im Tal der

Stille

dunkle Wolken in

Guachochi

23. bis 25. April 2017

Auf der Fahrt von Creel nach Zacatecas übernachten wir in Guachochi im Innenhof eines Hotels. Am Abend ziehen dunkle Wolken auf und tauchen die kleine, verschlafene Stadt in gespenstisches Licht.

 

Am nächsten Tag machen wir Strecke. Unsere Route führt durch die unberührte Weite der Sierra Madre del Occidental. Bei Sonnenuntergang erreichen wir die „Zona de Silencio, La Flor, Biosfera Mapimi“. Die Lichtstimmung ist gigantisch, der aufkommende Wind treibt Tumbleweeds (kleine Rundballen aus Gestrüpp) vor sich her. Nur einige Grillen zirpen und in der Ferne ist nachts das Heulen von Kojoten zu hören. Sonst nichts.

 

Das Tal der Stille ist weitläufig von Bergketten umgeben und mit Kakteen bestückt soweit das Auge reicht. Inmitten liegt ein kleiner, sauber angelegter Campingplatz. Das Art déco zwischen Western- und Hippie-Romantik lädt uns ein, einen Tag länger zu bleiben. Bei der Gelegenheit können auch mal die wichtigsten Schrauben bei Otto nachgezogen werden.

# Koloniales Mexiko

lebendig

Zacatecas

MUSEO DE ARTE ABSTRACTOS, Zacatecas

In Zentralmexiko sind die Kolonialstädte unser Schwerpunkt. Viele davon stehen unter der Schirmherrschaft der UNESCO und zählen zum Weltkulturerbe. Imposante Kirchen und farbenfrohe Häuser sind stumme Zeugen des Unabhängigkeitskrieges der Mexikaner gegen die spanische Kolonial- herrschaft sowie  der 100 Jahre später folgenden Revolution gegen das diktatorische Regime. Traditionelles Kunsthandwerk und moderne Kunst wechseln sich ab und beleben  die alten Gemäuer.

 

Wir beginnen mit der alten Silberstadt  Zacatecas, die  auf einer Höhe von 2500 Metern liegt. Tagsüber ist es richtig warm, die Nächte sind jedoch erfrischend kühl. Wieder parken wir im Innenhof eines Hotels oberhalb der Stadt mit herrlichen Ausblick auf das bunte Häusermeer. 

Der Rhythmus dieser bezaubernden Stadt ist spürbar anders. Hier wird uns zum ersten Mal bewusst, dass wir in Lateinamerika angekommen sind. Die bunte Kulisse  wirkt lebendig. Alt und Jung zieht es am Abend auf die schönen Piazzas. Mexikaner sind lebenslustig, fröhlich, selbstbewusst und gesellig. Überall wird gelacht, getanzt, gegessen und getrunken. Musik ist immer das zentrale Element.

 

Wir mischen uns in das lustige Treiben und haben nicht das Gefühl, außen vor zu sein.

26. bis 28. April 2017

charlys restaurant

Charly's

Restaurant

Die Schweiz ist bekanntlich ein Staat in Europa. Doch auch in Mexiko gibt es eine „rot-weiße Insel“. Verantwortlich dafür ist Charly. Vor 30 Jahren ist er ausgewandert und hat sich hier eine Existenz aufgebaut. Sein Restaurant ist bei Mexikanern sehr beliebt. Neben einer Bungalowanlage gibt es auch Stellplätze für „Overlander“. Schweizer Käse, Fleischwurst, Salami, Currywurst, Schnitzel, Züricher Geschnetzeltes mit Rösti, Apfelstrudel, heiße Liebe und Erdinger Weißbier stehen auf der Speisekarte. Zu Hause Standard, so fern der Heimat jedoch fühlt es sich an, als hätte man den blauen Diamanten gefunden. Ein Stopp bei Charly ist für Panamericana-Fahrer so obligatorisch wie Chichen Itza auf Yucatan. Es vergeht auch tatsächlich eine Woche, bis wir alle Schmankerln probiert haben.

 

Die Schweizer, Maggi und Ruedi, die mit ihrem Wohnmobil aus Südamerika kommend, Richtung Halifax unterwegs sind, leisten uns beste Gesellschaft. DJ Ötzi, Helene Fischer und Vicente Fernandez, der Altmeister der mexikanischen Volksmusik, sorgen über die Musikanlage für Hüttengaudi bis die mächtigen Kakteen wackeln. Wir genießen die kleine Auszeit und fühlen uns bei Charly zu Hause.

 

Lieber Charly, für uns bist du ein wesentliches Stück Mexiko, du hast unsere Reise echt bereichert. Wir danken dir herzlich für deine Gastfreundschaft und wünschen dir und deiner Familie weiterhin alles Gute.

28. April bis 05. Mai 2017

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Hallo

Nachbar

Unser Stellplatz bei Charly in der Nähe von Atotonilco el Alto liegt direkt an seinem Grundstücksrand, neben einem schönen, schmiedeeisernen Zaun. Der Blick über diese Grenze verrät uns sofort, dass dort Gartenliebhaber hantieren, die sich auf Kakteen spezialisiert haben. Am nächsten Morgen kommt Hans-Jürgen mit „unserem neuen Nachbarn“ ins Gespräch.

 

Martin und seine Frau Julia stammen aus der Schweiz. Zehn Jahre waren sie mit ihrem Unimog unterwegs, bevor sie sich hier niedergelassen haben. Beide verbindet, neben dem Reisen, die Liebe zu Kakteen. Spontan laden sie uns ein und so können wir am Abend durch die herrliche, mit viel Liebe zum Detail geschaffene Gartenlandschaft wandeln. Ein Augenschmaus. Die zahlreichen, verschiedenartigen Kakteen machen wieder einmal die Kreativität der Natur deutlich. Die unterschiedlichen Grüntöne und Blattformen sind beeindruckend und wunderschön. Julia hat viele der Pflanzen  aus Samen gezogen. In allen Teilen Mexikos sind die beiden, auch im Auftrag und in Zusammenarbeit mit der Universität von Mexiko City, unterwegs, um die Artenvielfalt noch weiter auszubauen.

 

Im Zentrum der Anlage gibt es eine Außenküche und eine geniale Feuerstelle. Lange sitzen wir an diesem Abend unter dem Sternenhimmel inmitten der stacheligen Gesellen und reden übers Reisen, die Welt und natürlich über diesen wunderschönen Garten. Die beiden erzählen mit so großer Leidenschaft über die Entstehungs- geschichte ihres gemeinsamen Projektes, dass ich etwas Heimweh nach unserem Garten bekomme, den Hans-Jürgen und ich in den letzten zwanzig Jahren geschaffen haben. Das Wissen, jederzeit an diesen Ort in der Heimat zurückkehren zu können, ist uns sehr wichtig. Wir sind  neugierig auf die Welt, aber mit festen Wurzeln.

29. April 2017

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Herzen

hören

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05. bis 08. Mai 2017

Die Begegnung mit José Luis ist so besonders, dass ich mehrere Anläufe brauche, um sie in Worte zu fassen. Charly, der mexikanische Schweizer, hat uns diesen Kontakt vermittelt, da es in Morelia keinen Wohnmobilstellplatz gibt.

 

Ohne zu zögern nimmt uns José Luis bei sich auf. Aber nicht nur das. Ganz selbstverständlich kümmert er sich darum, dass es uns an nichts fehlt. In den zwei folgenden Tagen lässt er es sich nicht nehmen, uns nach Patzcuaro und nach Morelia zu fahren. Wir können ihn nicht ausreden, dass er uns auch abends wieder abholt. „Mein Haus ist dein Haus“, sagt er und er meint es auch so.

 

Was für ein feiner, liebenswürdiger Mensch. José Luis ist ein gebildeter Mann. Er spricht bestens englisch und betreibt einen gut gehenden Handel für Werkzeuge und Zubehör. Jeden Abend unterhalten wir uns noch lange und laufen gemeinsam über die weitläufige Anlage mit allerlei Besonderheiten. Immer mit dabei ist sein langjähriger Mitarbeiter und Freund Octavio, genannt Puma.

 

Fünf uralte Berghütten, die abgerissen werden sollten, haben die beiden in mühevoller Kleinstarbeit demontiert und hier wieder aufgebaut. Man spürt deutlich die Achtung und den Respekt beider Männer vor der alten, traditionellen Bauweise der Holzhäuser. José Luis erzählt uns von seiner Vision. Hier auf diesem Anwesen möchte er eine Begegnungsstätte für Einheimische und Reisende schaffen. Was für eine tolle Idee.

 

Wir berichten ihm von einer App, die alle Fernreisende nützen und die sich „iOverlander“ nennt. Diese App wird von Reisenden selbst gestaltet und dort sind unter anderem auch alle Übernachtungsplätze verzeichnet und bewertet. Wenn er möchte, könnten wir sein Grundstück und seine Anlage in iOverlander eintragen. „Chingon!“ ruft José Luis, was soviel bedeutet wie geil oder supertoll, „lasst uns das machen!“ Bereits wenige Tage später haben wir die „Rancho José Luis Morelia“ offiziell in die App eingestellt.

 

Die Zeit mit José Luis und Puma war sehr intensiv. Schon längst haben sie einen festen Platz in unseren Herzen. Als Freunde gehen wir auseinander und wünschen uns ein Wiedersehen, vielleicht irgendwann in Deutschland. Lieber José Luis, unser Angebot steht, wir freuen uns schon jetzt auf deinen Besuch.      

ein ganz

normaler

TAG

José Luis hat einen Termin in Patzcuaro. Er nimmt uns in seinem Auto mit in diese bezaubernde kleine Stadt. Bereits um 8 Uhr morgens ist die Temperatur hier auf fast 2000 Meter Höhe angenehm warm. Die letzten Schwaden der frischen Nachtluft lösen sich auf. Wir setzen uns auf eine Parkbank im Zócalo (zentraler Platz inmitten einer mexikanischen Stadt) und beobachten das morgendliche Erwachen.

 

Knarrend werden die dicken Fensterläden der Cafés und Restaurants geöffnet. Kellner mit langen weißen Schürzen bringen Tische und Stühle in Position. Lieferwagen fahren vor, liefern silberne Bleche mit frischem Gebäck aus. Es wird geschäftig. Obst und Gemüsestände werden aufgebaut. Die Köche der umliegenden Restaurants sind bereits in voller Montur. Vom Eingangstor zur Küche werden lautstark frische Mangos, Papayas, Chillies und andere Zutaten geordert. Gleichzeitig wandern ihre strengen Blicke über den mittlerweile eingedeckten Außenbereich ihrer Lokale. Es ist Samstag, ein ganz normaler, arbeitsreicher Tag steht ihnen bevor.

 

Unser Beobachtungsposten, um dem herum sich dieses Treiben abspielt, ist noch eine Oase der Ruhe. Springbrunnen plätschern, Tauben gurren, streunende Hunde laufen eilig über die sauberen Rasenflächen. Aus den gut verborgenen Lautsprecheranlagen rund um den Park erklingt dezent klassische Musik. Der Obdachlose, der auf einer der Bänke geschlafen hat, wird durch die zunehmende Geräuschkulisse geweckt. Auf dem breiten Weg, der den Zócalo umrandet, treffen nach und nach die unterschiedlichsten Frühsportler ein. Es wird gejoggt, gewalkt, mit Hund, ohne Hund. Alt und Jung, bunt gemischt ziehen sie, wie ein Karussell, ihre Kreise um uns. Auf der Straße um dieses Areal haben jetzt auch die Autowäscher ihre Posten bezogen. Zwei Eimer und einige Lappen sind ihre Ausrüstung. Wasser holen sie aus den Springbrunnen. Ordentlich, ohne Worte und Pause, putzen sie geschwind’ die Fahrzeuge, während deren Besitzer ihre Einkäufe erledigen oder kurz in einer Bar oder Cantina verschwinden. Auch uns lockt der Kaffeeduft und wir unternehmen einen Platzwechsel in die Servicezone, wo uns ein fruchtiges Frühstück erwartet.

 

06. Mai 2017

 

Patzcuaro erleben wir sehr intensiv. Den ganzen Tag wandern wir durch die Gassen und Märkte. Mittlerweile ist es später Nachmittag geworden. Die Autowäscher packen zusammen. Die Lokale um den Marktplatz sind gut besucht. Es herrscht reges Treiben. Kinder jagen den Tauben nach. Schwer beladene Luftballonverkäufer bieten ihre Wunderwerke an. Mariachi-Sänger sind zu hören, indigene Frauen mit Kind am Rücken und vielen Taschen, Körben und Vasen, ziehen von Lokal zu Lokal, um den Gästen ihre teilweise wunderschönen Handarbeiten anzubieten. Kinder tragen die Schmucktafeln ihrer Mütter durch die Reihen. Nie aufdringlich, aber unermüdlich. Ihr Tag war lang, viele von ihnen haben wir schon am Morgen gesehen. Ein besonders eloquenter Mann bietet selbstgemachte Pfeile und Bögen an, unglaublich, auch diese finden Interessenten und Käufer. Bettler gibt es nur wenige. Meist sind es behinderte oder sehr alte Menschen. Nicht nur Touristen, auch Mexikaner stecken ihnen immer wieder einige Pesos zu.

 

Es ist bereits Abend. Wir sitzen in einem gemütlichem Lokal. Dort werden wir von Fatima und ihrem Freund angesprochen. Irgendwie haben sie bemerkt, dass wir von weit her kommen und wollen genau wissen woher. Fatima hat auch noch das dringende Bedürfnis, uns auf die Schnelle spanisch beizubringen. Das war lustig.

 

Gegen 22 Uhr holt uns José Luis wie vereinbart ab und bringt uns zurück auf seine Rancho nach Morelia. An diesen ganz normalen Tag in Patzcuaro werden wir uns immer wieder gerne und bis ins Detail erinnern.

Frida 

kocht...

Das Frida-Kahlo-Restaurant in Morelia ist ein besonderes Erlebnis. Die Einrichtung ist in allen Details an das Leben und die Werke der Künstlerin angepasst. Frida war eine Köchin mit Leidenschaft. Viele der angebotenen Gerichte stammen aus ihrem Kochbuch. Eine tolle Idee, finden wir. Unglaublich wie kreativ die Mexikaner sind. Sie verehren ihre Künstler und erhalten deren Werke lebendig. Kunst gehört hier zum Alltag.

 

Zwischen Hauptspeise und Nachtisch wird uns ein Feuerwerk der besonderen Art präsentiert. Auch dadurch wird deutlich, welches Niveau die jungen Leute in diesem Land anstreben.

 

Wir werden in ein Séparée gebeten. In der Mitte des Raumes steht ein runder Tisch, der ganz in weiß mit Tellern eingedeckt ist. Der Kellner bittet uns Platz zu nehmen und rückt die Stühle zu recht. Dann verlässt er den Raum und das Licht geht aus ............!

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07. Mai 2017

außer-

gewöhnlich

Guanajuato liegt sehr reizvoll zwischen den steilen Hängen eines Bergkammes. Die prächtigen Kirchen, Villen und alten Theater aus der Kolonialzeit erzählen stumm die spannende Stadtgeschichte. 1558 wurde hier eine der reichsten Silberadern der nördlichen Hemisphäre entdeckt. 1559 wurde die Stadt angelegt. Nach dem Unabhängigkeitskrieg von Spanien profitierten die Silberbarone von den unermesslichen Schätzen und trugen weiter zur Entwicklung bei.

 

Es ist herrlich warm und die Luft trocken. Alle Aktivitäten finden unter freiem Himmel statt. Immer herrscht ein reges Treiben. Die engen Gassen mit Kopfsteinpflaster sorgen für das typisch koloniale Flair. Baumbestandene Plazas mit vielen Bänken laden zum Bleiben ein. Unter den schattenspendenden Blätterdächern ist es angenehm kühl und erfrischend.

 

Tatsächlich werden diese Parkanlagen von den Bewohnern als erweiterter Wohnbereich ausgiebig genutzt. Hier findet jedermann Unterhaltung und Gesellschaft. Natürlich wird auch musiziert. Die Steintreppen des historischen Theaters sind vor allem bei Studenten beliebt. Es wird gelernt, gelacht, geküsst, gegessen und getrunken.

 

Stundenlang bummeln wir durch diese schöne Stadt und besichtigen einige der alten Bauwerke. Zwischendurch machen wir es uns, wie die Einheimischen, auf einer Bank oder auf den einladenden Steintreppen gemütlich und verfolgen das friedlich fröhliche Treiben.

 

Auch in den anderen von uns besuchten Kolonialstädten fühlt sich das Alltagsleben ähnlich an. Was Guanajuato jedoch so besonders macht, ist die Verkehrsführung. Die beengte, aber geschützte Lage zwischen den Bergkämmen sorgte im modernen Zeitalter des Automobils bald für Platzprobleme. Frühere, unterirdische Wasserläufe brachten die Lösung. Viele Straßen, Abzweigungen und Kreuzungen wurden „unter Tage“ verlegt. Heute winden sich die Hauptstraßen durch die farbenfrohen Häuserzeilen, verschwinden plötzlich in der Tiefe, führen durch ein 30 Kilometer langes, verzweigtes Tunnelsystem und tauchen an markanten Plätzen wieder auf ...... richtig spannend, hat was!

09. bis 11. Mai 2017

immer Sommer

San Miguel de Allende ist ein besonderer Wegpunkt auf unserer Reise Richtung Süden. In der überschaubaren, schönen Stadt wollen wir uns eine zeitlang aufhalten, um unsere Spanisch-Kenntnisse zu erweitern. Außerdem hoffen wir, dort die Overlander Bärbel und Joachim anzutreffen. Deren Reise verfolgen wir schon seit langem. Viele wertvolle Informationen bezüglich der Reisevorbereitung, Verschiffung und Bordtechnik verdanken wir der Homepage www.reisestationen.de. Joachim ist zudem Verfasser der Website www.panamericanainfo.com, die eine wichtige Informationsplattform für Reisende auf der Panamericana darstellt. Diese beiden Traveller tatsächlich persönlich kennen zu lernen, wäre ein echtes Highlight für uns. 

 

Der kleine RV-Park liegt mitten in der Stadt in einem Innenhof. Hans-Jürgen steuert souverän durch die engen Gassen dieser verwinkelten Stadt. Wir finden das rote Tor mit dem kleinen Schild RV-Park und einer Klingel. Die Straße ist eng, sehr eng. Außerdem parken Autos links und rechts dicht neben der kleinen Toreinfahrt. Da wollen wir rein?!

 

Ich springe aus dem Auto, drück’ fest auf die Klingel und hoffe inständig, dass auch gleich jemand kommt.  Durch unseren plötzlichen Stopp ist die Autokarawane hinter uns gezwungen, ebenfalls anzuhalten. Das einsetzende Hupkonzert macht mich nervös. Hans Weber, der Betreiber des Platzes, erscheint sofort. Für eine Begrüßung bleibt angesichts des Spektakels keine Zeit. Wie lang ist euer Auto?, will er wissen. Sechs Meter fünfzig, antworte ich ihm. Ok, dann geht es, meint er, mit Fahrzeugen über sieben Meter Länge wäre die Einfahrt nicht zu machen.

 

Hans öffnet das Tor. Schnell geb’ ich HJ die Informationen, dass die anstehende Unternehmung eine enge Kiste wird. Dann mach’ ich die Augen zu. Als das Hupkonzert verstummt, blinzle ich, der Verkehr rollt wieder, wir sind drin. Hans und Hans schütteln sich die Hände und lachen.

 

Man bin ich stolz auf meinen Trucker. Was hat der nur für Nerven? Nie lässt er sich aus der Ruhe bringen. Wieder einmal denke ich an den Satz, den er immer zu mir sagt, wenn die Straße eng ist oder tiefhängende Stromleitungen ein Durchkommen für mich unmöglich erscheinen lassen:  "Wenn der Bierlaster durchkommt, dann schaffen wir das auch!" Hoffentlich behält er immer recht.

 

12. Mai bis 20. Juni 2017

Wie ein bunter Schmetterling, fröhlich, gutgelaunt und ausgeglichen, flattert Alicia die Spanischlehrerin auf unsere „kleine Terrasse“ neben Otto. Eloquent erläutert sie auf englisch ihr Unterrichtskonzept. Will man ernsthaft eine Sprache lernen, bedeute dies in erster Linie das Auseinandersetzen mit der Grammatik, betont sie. Vokabeln erlernt man nebenbei und vor allem im zusätzlichen Selbststudium. Sie empfiehlt täglich, außer samstags zwei volle Unterrichtsstunden für mindestens drei Wochen. So hat sich Hans-Jürgen das vorgestellt. Er zückt sein Handy und vereinbart mit ihr alle Termine. Grammatik ohne mich. Ich bin raus!  

 

Am nächsten Tag beginnt der Unterricht. Hochmotiviert geht Hans-Jürgen zur Sache. Ich halte mich in sicherer Entfernung. Was tun mit der freien Zeit? Diese Frage ist schnell beantwortet. Bärbel besorgt mir 70 Meter schwarzes Lederband und ich eröffne neben dem „Klassenzimmer“ meine „Pazifikdollar-Werkstatt“. Von einer Schneiderin lasse ich noch bunte Stofftaschen nähen, um jeden Einzelnen als Geschenk für meine Freundinnen zu verpacken. Bunte Bänder und Stoffe gibt es günstig zu kaufen.

 

Auf einem Streifzug mit Bärbel durch die Stadt entdecke ich ein interessantes Armband aus Schließnadeln und Perlen. Tolle Idee! Am örtlichen Dienstagsmarkt, der hauptsächlich von Mexikanern besucht wird, entdecken wir einen gut sortierten Perlendealer. Schließnadeln und elastisches Band gibt es natürlich auch. Zurück am Campingplatz wird aus meiner Pazifikdollar-Werkstatt die „Frida-Kahlo-Armband-Manufaktur“. Insgesamt hab ich in der Zeit in San Miguel über 2000 Schließnadeln und viele, viele Perlen verarbeitet. 28 schmucke Armbänder waren das Ergebnis.

immer

SOMMER

 

Auf dem kleinen Camping-Areal ist nichts los. Nur ein schöner weißer MAN, den wir aus dem Internet kennen, strahlt uns an. Bärbel und Joachim sind auch hier und begrüßen uns freundlich. 

 

Die beiden Overlander kennen sich in San Miguel bestens aus. Sie nehmen uns nicht nur herzlich auf, sondern auch mit, zum Bäcker mit dem besten Brot und zum Gemüsehändler mit der besten Auswahl und Qualität. Auch den Kontakt zu Alicia der Spanischlehrerin vermitteln Sie uns. 

 

Bärbel ist eine ambitionierte, kreative Schmuckdesignerin. Ihre handgefertigten Modelle sind Unikate. Besonders freut es mich, dass sie aus dem Kristall vom Hippie-Mädchen in Phoenix, für mich eine wunderbare Halskette gefertigt hat. So wird aus diesem Bergkristall ein Erinnerungsstück mit doppelter Wirkung. Viele lustige Abende verbringen wir zusammen, sprechen über Fotografie und erzählen Reisegeschichten. Aus unserer Nachbarschaft entwickelte sich eine echte Freundschaft.

 

Liebe Bärbel, lieber Joachim, vielen Dank für alles. Bereits heute freuen wir uns auf ein Wiedersehen, irgendwo, irgendwann.

Hablo

ESPANIOL

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In Mexiko vergeht kein Tag ohne festliche Aktivitäten. Dabei liegen Kirchliches und Weltliches sehr nahe beieinander. 

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Teil 2

Hector und seine Familie kennen wir noch nicht. Charly, von Charly’s Restaurant bei Atotonilco und José Luis von der Rancho in Morelia, haben den Kontakt zu uns vermittelt. 

 

Hector’s Tochter Andrea möchte in Deutschland studieren und hat einige Fragen. Er bittet uns um ein Treffen. Natürlich willigen wir ein. Am nächsten Sonntag möchte uns er und seine Familie aus dem zwei Fahrstunden entfernten Morelia hier auf dem Campingplatz in San Miguel besuchen.

 

Wir fegen die Terrasse, kaufen Kuchen und decken den Tisch. Absolut pünktlich erscheint Hector, seine Frau Adriana und seine Töchter Andrea und Mariana. Alle sind uns sofort äußerst sympatisch. Die beiden jungen Mädchen sprechen gut englisch, sind ausgesprochen aufgeschlossen und wissbegierig. Die Zeit verfliegt. Wir versuchen, die Fragen zum Leben und Studieren in Deutschland so gut es geht zu beantworten. Über unseren Sohn Leo können wir Andrea den Kontakt zu einer Mexikanerin, die wie er am Bodensee studiert, vermitteln. Am Abend gehen wir noch gemeinsam in ein gepflegtes italienisches Lokal. 

 

hören

Herzen

Wir verbringen eine lustige intensive Zeit. Sie laden uns nach Morelia ein zum „Dia de Muertes“, einem ganz besonderen Fest Anfang November. Auch der Satz „mein Haus ist dein Haus“ fällt wieder und wir wissen mittlerweile, dass Mexikaner dies auch so meinen.

 

Wir versprechen, uns ernsthaft zu überlegen, im November bei ihnen vorbei zu kommen. Bevor wir uns verabschieden, verschwindet Adriana kurz ins Baño. Irgendwann am Nachmittag habe ich ihr schönes Outfit bewundert. Jetzt kommt sie in Jeansjacke zurück und überreicht mir ihre Bluse als Geschenk. Natürlich will ich das nicht annehmen, aber sie macht es mir unmöglich abzulehnen. Minuten später stehe ich mit diesem einmaligen Präsent in der Hand auf der Straße und winke, mit Tränen in den Augen, dem kleinen roten Auto hinterher.

von links nach rechts:

Hector, Charly, José Luis mit Frau