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Bolivien
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BOLIVIEN

AUFFALLEND

ANDERS

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Schnell und routiniert erledigen wir die Einreiseformalitaten bei der Behörde für Migration und dem Zoll. Dass wir mit Bolivien jedoch ein Reiseland der ganz besonderen Art betreten, merken wir schon auf der Polizeistation, wo wir erstmals auf der gesamten Reise zusätzlich vorstellig werden müssen. Hans legt dem etwas schwerfälligen, aber freundlichen Uniformträger unsere Einreisepapiere vor. Langsam öffnet sich die Schublade des antiquierten Schreibtisches an dem er sitzt, während er gleichzeitig sein aufklärendes Gespräch beginnt.
 

„Herzlich willkommen hier in Bolivien“, erklingt sein tiefer Bariton und in seiner rechten Hand erscheint ein
runder Stempel, der über unserem TIP (Fahrzeugvisum) schwebt. Mit in der Luft kreisenden Bewegungen erklärt er uns, dass es in Bolivien unsere Pflicht ist, an Polizeikontrollstellen anzuhalten, um dieses wichtige Papier immer wieder abstempeln zu lassen. Wir nicken beide und signalisieren, dass wir die Vorschrift verstanden hätten. Plötzlich, pfeilschnell, streckt er den Arm mit den Stempel aus und zeigt auf einen kleinen Altar, auf dem eine Marienstatue knöcheltief in Kleingeld steht. „Sie ... wird es euch danken“, beendet er seine Rede, während seine Augen den Blickkontakt vermeiden und der Stempel erneut über unseren Papieren kreist. Wieder nicken wir einsichtig und Hans-Jürgen legt ein paar Nickel auf den Kleingeldhaufen. Zeitgleich donnert die Hand mit dem Stempel auf unsere Papiere. „Alles erledigt, buen viaje, gute Reise!“

Wir rollen wieder an, aber nicht weit, nur 8 Kilometer bis zum Städtchen Copacabana. (Zumindest erinnert die halbmondförmige Bucht am Titicacasee an den weltberühmten Stadtteil von Rio de Janeiro in Brasilien) Es ist Nachmittag. Zur besseren Orientierung fahren wir erst einmal durch den kleinen, engen Ort. Vor der großen Basilika stehen einige mit Blumen geschmückte Autos. Geschäftstüchtige Bolivianerinnen mit Blumen in der Hand winken uns in die Standspur vor der Kirche und beginnen sofort unseren Otto zu schmücken.

 

Von der Autosegnung in Copacabana haben wir schon gehört, aber dass wir jetzt gleich im Anschluß an den Grenzübergang so reinschlittern, hätten wir uns nicht träumen lassen. Die Umherstehenden, auf die Segnung wartenden Passanten versorgen uns mit Bier, bestaunen unser Fahrzeug und heißen uns herzlich willkommen.

„Was ist das hier für ein Land, dieses Bolivien?“ meint Hans lachend mit Bierflasche in der Hand. Ich bin auch überrumpelt und mal wieder nahe am Lachkrampf. Dennoch schieße ich pflichtbewusst einige Fotos, damit wir später noch wissen, dass wir das heute erlebte nicht nur geträumt haben.

Wenig später erscheint der Pastor im Eingangsportal. Zielstrebig kommt er mit einem Eimerchen voll Weihwasser und einem zugehörigen Wedel auf uns zu. Vor Otto und Hans, die beide artig den Blick gen Boden richten, baut er sich auf, murmelt ein Gebet und verspritzt reichlich Wasser, das vor allem Otto zu Gute kommt. Eine Segnung der ganz besonderen Art. Wollen wir hoffen, dass sie uns auf unserem weiteren Weg wohlwollend begleitet. 

19. November 2018

ANGST
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Schon gestern haben wir das Verkehrschaos von La Paz durch ein Tal Richtung Nordosten verlassen. Die Strecke führte über einen 4.600 Meter hohen Pass und dann durch alle Klimazonen hinunter auf 1700 Meter ins tropische Tal von Coroico. Bei Yolosa schlugen wir an einem Flußufer unser Nachtlager auf und bereiteten uns auf den heutigen Tag vor.

Nach einer schwülwarmen Nacht in der wir nicht viel geschlafen haben, sitzen wir jetzt beide wortlos vor einer dampfenden Tasse Kaffee. „Los jetzt, lass es uns angehen,“ sagt Hans und verschwindet mit der Fotoausrüstung im Fahrerhaus. „Ich hab‘ Angst ...“ Schnell verstaue ich alles und kontrolliere nochmal sämtliche Schrankverschlüsse. Jetzt ist es soweit! Wir fahren die gefährlichste Straße der Welt, den „Camino de la Muerte“.

 

Unbefestigt, einspurig und teilweise matschig windet sich die Piste in steilen Serpentinen am Berghang entlang.
Vor dem Bau der Umgehungsstraße auf der wir gestern ins Tal fuhren, verunglückten hier jährlich hunderte von Menschen tödlich. Viele der abgestürzten Fahrzeuge und deren Insassen konnten nicht geborgen werden, da die Hänge des Bergnebelwaldes hier extrem steil sind. Auf der gesamten Strecke herrscht Linksverkehr. Aus diesem Grund haben wir uns dafür entschieden, die Strecke von unten nach oben zu fahren. So sind wir bei Gegenverkehr immer auf der Bergseite und müssen die Bremsen nicht strapazieren. 


Kurz vor sieben Uhr, es ist neblig und es nieselt als Otto losrollt und die erste Kehre Richtung Himmel nimmt. 2000 Höhenmeter gilt es jetzt auf 35 Kilometern zu überwinden. Bis zehn Uhr wollen wir die Strecke hinter uns bringen, da dann die „Downhill-Racer“ mit ihren Fahrrädern bergab unterwegs sind. 

Unerschütterlich steuert Hans unser Schneckenhaus auf der meist recht breiten Fahrspur. Auch an vier entgegenkommenden Kleinlastern quetschen wir uns problemlos vorbei. Natürlich ist es atemraubend, wenn ich
aus dem Seitenfenster in den steilen, endlos grünen Abhang schaue. „Ich hab‘ Angst ...“ sage ich zu Hans. “Dann schau‘ einfach geradeaus“, meint er nur kurz. Fotogen ist die Strecke schon und so versuche ich, mich nur darauf zu konzentrieren. Des öfteren halten wir an, steigen aus und laufen ein Stück voraus oder zurück, um gute Fotoperspektiven zu erspähen.


Das Wetter wechselt ständig. Mal Nieselregen, mal Regenschauer und zwischendurch lacht uns die Sonne entgegen, zumindest bis uns die nächste dicke Nebelschwade verschluckt. Wasserfälle ergießen sich vom Berghang. Beim Durchfahren vergesse ich das Seitenfenster zu schließen und erhalte eine kalte Dusche. Zittere ich jetzt vor Angst oder weil ich komplett durchnässt bin? 

 

Gegen zehn Uhr erreichen wir tatsächlich den nördlichen Einstiegspunkt der Strecke. Es ist vollbracht! Wir reflektieren das Erlebnis „Camino de la Muerte“ und finden beide, dass die Strecke tolle Ausblicke bietet und dass vor allem die kurzen Teilstücke durch die Wasserfälle spektakulär und fotogen sind. Ihrem Ruf als gefährlichste Straße der Welt wird sie (zum Glück!) nicht mehr gerecht, da das Verkehrsaufkommen aufgrund der Umgehungsstraße sehr gering ist.

Wir bleiben noch eine Weile dort oben und sitzen gerade beim Frühstück, als die ersten Radfahrer mit Tunnelblick und im Schneckentempo ängstlich an uns vorbei rollen. Auch das hatten wir uns etwas anders vorgestellt, da man uns von Horden wildgewordener und rücksichtsloser Raser erzählt hat. Manchmal wird halt ein bisschen übertrieben.

 

... und da fällt mir ein, dass ich etwas zu beichten habe. Am besten ich bring es gleich jetzt und hier hinter mich.
 

„Ja Mama, ich habe gesagt, dass wir die Todesstraße nicht fahren und wir haben es trotzdem gemacht. Wir waren aber nicht unvorsichtig und wussten schon, dass diese Tour nicht so gefährlich ist, wie allgemein behauptet wird. Verzeihung!“
 

21. - 22. November 2018

IN jeder Hinsicht
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IN JEDER HINSICHT

"AUSSERGEWÖHNLICH"

Mal angefangen damit, dass La Paz mit einigen Weltrekorden aufwarten kann: Mit dem Flughafen in der Stadt El Alto (spanisch „die Höhe), die bis 1985 ein Stadtteil von La Paz war, liegt hier der höchstgelegene internationale Flughafen der Welt auf 4.100 Meter. Auch der höchstgelegene Regierungssitz der Welt befindet sich hier in La Paz, wobei die Hauptstadt Boliviens Sucre ist und weiter südlich liegt. Ebenso rekordverdächtig ist der Höhenunterschied zwischen dem niedrigsten Punkt dieser Stadt auf 3600 Meter und dem Hochplateau auf 4100 Meter. Unverkennbar über alldem thront der gewaltige, schneebedeckte Illimani mit einer Höhe von 6462 Metern.
 

Berüchtigt unter Travellern, die mit dem eigenen Fahrzeug unterwegs sind, ist La Paz vor allem wegen seinem unüberschaubaren Verkehrschaos, das von tausenden Kleinbussen dominiert wird und von Bauarbeiten mit wirrer, sehr undurchsichtiger Verkehrsführung verursacht ist.  Dachten wir anfänglich noch, durch unsere Erfahrungen im Stadtverkehr von Lima, bestens auf diese Metropole vorbereitet zu sein, wissen wir jetzt, dass sich Bolivien auch in dieser Hinsicht nochmals deutlich von Peru unterscheidet.
 

Umzingelt von unzähligen Collectivos (Sammeltaxis/Kleinbusse) schiebt sich Otto Meter für Meter vorwärts. Wer auch nur einen kleinen Freiraum vor der Stoßstange nicht nutzt, wird gnadenlos eingekeilt und bewegt sich nicht von der Stelle. Immer wieder kommt es zu kleinen Rempeleien mit anderen Verkehrsteilnehmern oder mit sinnlos auf der Straße befindlichen Absperrbalken und Leitpfosten. Jetzt begreifen wir auch, warum die Autosegnung für die Bolivianer so extrem wichtig ist.

Nach mehreren Stunden erreichen wir das Hotel „Oberland“ und den dortigen Stellplatz für Wohnmobile. Der Autoschlüssel bleibt die nächsten Tage unangetastet. Stattdessen erleben wir eine Stadtbesichtigung der besonderen Art mit Gert, einem Deutschen, der vor 37 Jahren beruflich in La Paz zu tun hatte und dort hängen geblieben ist.

Am 04. Februar 2018 eröffnete das österreichische Unternehmen Doppelmayr die längste Seilbahn der Welt. Die Linie 3S übertrifft mit ihrer Länge von 7.899,9 Metern den aktuellen Rekord einer ähnlichen Seilbahn in Vietnam. Das Seilbahnnetz von La Paz besteht derzeit aus acht Seilbahnlinien und gilt schon jetzt als das größte urbane Seilbahnnetz der Welt. Gert erklärt uns, dass in Kürze noch drei weitere Linien hinzukommen werden und damit das gesamte Stadtgebiet abgedeckt ist. Einen ganzen Tag gondeln wir über bunte und weniger bunte Häuser dieser quirligen Stadt. Mit der grünen Linie geht es von der südlichen Zone hinauf nach El Alto zum Hexenmarkt.

In Bolivien existiert Katholizismus und Schamanismus nebeneinander. Obwohl man morgens noch in der Kirche war und um Hilfe für ein Vorhaben gebeten hat, begibt man sich am Nachmittag auf den Hexenmarkt – um ganz auf Nummer sicher zu gehen - erwirbt ein totes Lama-Embryo und opfert es bei der Grundsteinlegung für das im Bau befindliche Eigenheim, so dass Glück, gutes Gelingen und Unversehrtheit eintreten möge. Der Hexenmarkt bietet unzählige Möglichkeiten, um sein Glück und Wohlbefinden positiv zu beeinflussen. An den vielen Marktständen mit für uns schleierhaften Produkten, wie farbigen Harzen, bunten Kräutern, Wurzeln, Föten, geprägten Zuckertalern, können je nach persönlichem Bedürfnis und Anlass sogenannte „Zauberteller“ zusammengestellt werden. Ob zur Kommunion, Hochzeit, Einschulung oder zum Berufseinstieg, solche Teller werden bei einer Einladung mitgebracht und dort vor Ort entzündet und unter starker Rauchentwicklung verbrannt. Wir beobachten einen älteren Herren, der sich einen solchen Teller zusammenstellen lässt. Er möchte ihn zu einer Hochzeit mitnehmen und ist Verwandter der Braut. Sein „Zauberteller“ verfolgt das Anliegen, dass sich die Hochzeitsgäste vertragen mögen, friedlich miteinander umgehen und dass es nicht zu Handgreiflichkeiten oder noch größeren Ausschreitungen kommen möge. Wir wünschen ihm, dass sein Teller hält was er verspricht.


Etwas weiter entfernt, auf einem schmucklosen, vermüllten Platz, kann man zur Privataudienz beim Schamanen vorstellig werden. Bolivianer handeln selten eigenständig, sondern schalten bei nahezu jeder Entscheidung einen Berater ein. Wir kennen dieses Vorgehen von unserer Bundesregierung. Solche Berater heißen hier „Schamanen“ und garantiert erhält man für jedes Problem einen Rat, wohlgemerkt keine Lösung. Da wir keine Probleme haben, beobachten wir nur interessiert diese uns unbekannten Rituale, die von viel Rauch und Palaver begleitet werden. Wir fühlen uns leicht irritiert.

 

Mit der roten Gondel geht es dann weiter in die Altstadt. Bei der Himmelsreise über die armseligen Lehmhäuser am Hang erzählt uns Gert noch einiges über die Probleme der hier lebenden Menschen. Gewalt ist in Bolivien auch die Folge des Patriarchats und damit in der Familie ein großes trauriges Thema. Oft enden Familienstreitigkeiten mit Mord und Totschlag. Bolivien weist in Lateinamerika die höchsten Zahlen von physischer und sexualisierter Gewalt gegen Frauen auf. Angeblich erleben neun von zehn Frauen irgendeine Form von Gewalt in der Familie. Alle drei Tage wird eine Frau ermordet, in mehr als 60 Prozent von ihrem eigenen Partner, oft durch Schläge, zumeist ist Alkohol der auslösende Faktor.

 

Der Staat sieht sich demgegenüber recht machtlos. Fehlende Polizeipräsenz und eine schwache Justiz beflügeln die Selbstjustiz. Das Volk, der Mob, übernimmt vielerorts die Aufgaben der Exekutive für alle Verbrechen. Aufgeknüpfte Puppen an Straßenecken und geschriebene Drohungen an Hauswänden, dass Kriminelle und Diebe aufgehängt und verbrannt werden, zeugen von der Existenz dieser „Verbrechensverfolgung“ in Form von Lynchjustiz. Dutzende von Anwohnern, zumeist Männer, schließen sich in einem Stadtviertel zusammen und machen Jagd auf Verdächtige, mit grausamen Folgen. Oft sind Unschuldige die Opfer, die von irgendwem des Diebes bezichtigt wurden. Den eventuell ermittelnden Behörden stellt sich dann eine Mauer des Schweigens entgegen.

Von all‘ dem ahnt man als Tourist nichts. Wir wandern noch durch die Altstadt. Gert gibt uns auch einen Einblick in die politischen Besonderheiten dieses Landes. Das neuerbaute, mächtige Regierungsgebäude, ein herausragendes, gläsernes Hochhaus polarisiert. Der erste indigene Präsident Evo Morales ist seit Januar 2006 im Amt. Er wurde inzwischen zweimal mit großer Mehrheit (61% der Stimmen im Jahr 2014) wiedergewählt. Besonders in der indigenen Bevölkerung findet er großen Rückhalt. Für 2019 soll die Verfassung geändert werden, so dass eine vierte Amtszeit möglich wird. 

 

Auf der Rückfahrt zu unserem Stellplatz, natürlich mit der Gondel, setzt sich eine Cholita (typische bolivianische Indigena) zu uns. Ihre goldenen Zähne blitzen und sie heißt uns herzlich willkommen in La Paz. Mit ihrem dick unterfütterten Rock nimmt sie fast die gesamte Sitzbank der Gondel ein. Auf ihrem Kopf sitzt fest eine zu klein wirkende Melone, die die Tracht dieser Frauen ergänzt. Wir kommen ins Gespräch und Gert übersetzt. Sie zeigt auf ein Bild des Präsidenten, das in der Kabine angebracht ist. „Diese schöne Gondelfahrt haben wir ihm zu verdanken“, meint sie, „Evo, ich liebe ihn wie meinen Bruder!“
 

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HINTER DUNKLEN GLÄSERN

Zuerst tut man alles, um bekannt zu werden, und dann versteckt man sich hinter einer Sonnenbrille. Spaß bei Seite! Wir sind weder bekannt noch müssen wir uns vor Irgendjemanden verstecken und trotzdem konnten wir es in den letzten Tagen keine Minute ohne diesen Lichtschutz aushalten. 

Zögerten wir anfangs noch, unserem Otto die wilde Fahrt auf dem bekannten Salzsee zuzumuten, gibt es am Ufer bald kein Halten mehr. Magisch zieht uns die weiße, unwirkliche Welt da draußen an und schon bald verlieren wir die reale Welt aus den Augen. Es gibt nur noch uns, das Salz und den Himmel. Mittels GPS-Daten steuern wir über die 12.000 Quadratkilometer große weiße Fläche, die sich aus großen Waben zusammensetzt. Ohne GPS haben Fremde hier keine Chance sich zu orientieren. 

 

S 20°19’49.74‘‘   W 67°2’49.14‘‘   Das sind die Koordinaten des bekannten Salzhotels mit dem Denkmal der Rallye Dakar in Bolivien mit einer beeindruckenden Vielzahl internationaler Flaggen. Trotz vieler Tagestouristen, die mit Touranbietern per Jeep anreisen, hat dieser Platz etwas Besonderes. Man spürt hier wieder richtig, in welch‘ einem Abenteuer man sich befindet. Anscheinend sind wir heute die einzigen Selbstfahrer.
 

Weiter geht es hinaus ins endlose Weiß.

Nächstes Ziel: S 20°14’27.48‘‘ W 67°37’39.42‘‘. Wie eine Fatamorgana taucht vor uns die aus versteinerten Korallen bestehende Insel Incahuasi auf. Durch uralte, riesige, teilweise blühende Kakteen klettern wir auf den höchsten Punkt und erleben einen phantastischen Ausblick durch unsere stark getönten Sonnenbrillen. Der Versuch, ohne Brille in die Ferne zu schauen, erlaubt lediglich ein kurzes Zwinkern. Wir schmiegen uns mit Otto, noch auf der weißen Salzkruste, ganz nah an die Insel heran ... und plötzlich bemerken wir ein Absacken im Salzsumpf, was uns das Adrenalin in den Kopf steigen lässt. Wir hatten es doch gelesen, dass die Tragfähigkeit der Salzschicht an den Inselrändern nachlässt. Zum Glück hilft uns der Allrad, die Untersetzung und vorsichtiges Rangieren aus diesem Schlamassel heraus.

 

In gehörigem Abstand zur Insel wollen wir die Nacht verbringen. Bald sind wir hier allein. Absolute Lautlosigkeit umschließt uns im endlos leeren Raum. Die Sonne geht unter und macht einem grenzenlosen Sternenhimmel Platz. Atemberaubend und wunderschön. Irgendwie können wir gerade nicht wirklich fassen, was wir da erleben durften. Liegt es vielleicht daran, dass wir diese wundersame Welt nur durch die (Sonnen-) Brille anschauen konnten?

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KOMM' MIT INS

ABENTEUERLAND ...

Diese Überschrift trifft es ganz gut. Bolivien, noch ursprünglich, rau, einsam und teilweise unwegsam. Genau diese Attribute machen dieses wunderschöne Land für uns Overlander zu einem echten Abenteuer. Nach dem Salar de Uyuni lassen wir Otto gründlich von der Salzkruste befreien. Wie wir erfahren, gibt es dafür im Stadtgebiet von Uyuni recht günstige Waschstationen und eben auch etwas teuere. Der Unterschied: Die Teueren waschen mit Süßwasser, die Günstigen mit Salzwasser!!! Kein Blödsinn! Wir wählen Süßwasser.

 

Nach dem Auffüllen unserer Lebensmittelvorräte nehmen wir Kurs auf die berühmt berüchtigte Lagunenroute. Etwa 500 Kilometer liegen vor uns, mit nur wenigen menschlichen Behausungen und noch weniger vernünftigen Straßen. Eine genau vorgegebene Route gibt es nicht. Anhand der GPS-Daten orientieren wir uns grob und wechseln aufgrund der teilweise üblen Piste immer wieder die Fahrspur. Die Fahrt ist anstrengend. Gnadenlos werden wir jeden Tag durchgeschüttelt.

 

Wir erleben Landschaften, die kaum vorstellbar, geschweige denn zu beschreiben sind. Die Strapazen verblassen beim Anblick der zauberhaften, farbenprächtigen Lagunen mit Tausenden von pinkfarbenen Flamingos. Wir erfahren, was hinter den klangvollen Namen „Laguna Hedionda“, „Laguna Honda“, „Laguna Colorada“, „Laguna Blanca“, „Laguna Verde“ und noch einigen anderen steckt: wilde, rauhe, steinige und staubige Landschaft in allen Farben der Natur in unglaublicher Ursprünglichkeit.

 

Die Route verläuft immer auf einer Höhe von 4000 bis 5000 Metern Höhe. Die Nächte in der einsamen Steppe sind kalt. Bis minus 10 Grad zeigt unser Thermometer. Wilde Vicuñas und Nandus lassen sich beobachten und zwischendurch gibt es sogar etwas Kunst, in Form der Salvador-Dali-Wüste. Von den dortigen Felsformationen und deren zufälliger Anordnung in der Steinwüste wird behauptet, dass sich der berühmte spanische Maler Anregungen für seine surrealen Gemälde geholt hätte. Nicht weniger beeindruckt uns auch das Thermalgebiet Sol de Mañana mit seinem Geysir und zahlreichen Schlammtümpeln, in denen es pausenlos zischt, dampft, brodelt und blubbert. Keine Absperrung hält uns zurück, so dass wir ganz nah zum Fotografieren rankommen und die Euphorie bei HJ erst nachlässt, als er von einer platzenden Schlammblase von Kopf bis Fuß besudelt wird. Fotos davon durfte ich keine machen.

 

Nach fünf anstrengenden Tagen erreichen wir den bisher höchsten Punkt unserer Reise, die bolivianische Aduana auf 5033 Meter Höhe. Kurz darauf führt uns diese „Traumroute durch‘s Abenteuerland“ an die Grenze zum Nachbarland Chile. 
 

Zusammenfassung Ecuador bis Bolivien

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